Hallo zusammen,
neulich bin ich auf die Uhrwerke Unitas 6497 und 6498 aufmerksam geworden. Es handelt sich dabei um relativ große Handaufzugswerke ohne Datum mit kleiner Sekunde bei der 9 (sog. Savonette-Anordnung) bzw. bei der 6 (Lepine).
Diese Uhrwerke und ihre meist chinesischen Nachbauten werden ab und zu - mit verschiedenen Veredelungen, z.B. Genfer Streifen, PVD-beschichtet, skelettiert, etc. - in der Bucht feilgeboten. Dazu gibt es eine nette Auswahl an passenden Zifferblättern, Zeigern und Gehäusen. Nach einigem Überlegen wollte ich den Versuch wagen und bestellte mir einen skelettierten Nachbau des Unitas 6498, samt Edelstahlgehäuse und ebenfalls skelettiertem Zifferblatt. Und dazu ein Lederband mit Dornschließe. Das alles für wirtschaftskrisenverträgliche 200,- Euro. Der Zusammenbau dauerte einen Samstagnachmittag und das Endergebnis seht ihr hier:
Der Zusammenbau
Vorbereitung
Zuerst die am Uhrwerk angebrachten Behelfszeiger (Minute und Sekunde) abziehen. Sie dienen nur zur Funktionskontrolle. Dann muss das Stundenrad, welches mit dem Stundenzeigerrohr eine Einheit bildet, auf die Minutenzeigerwelle geschoben werden. Es ist getrennt in einem Tütchen verpackt und wird später nur vom Rand der Sekundenskala des Zifferblatts gehalten. (In diesem Tütchen liegt auch eine federnde Unterlegscheibe, die normalerweise – bei einem durchgehenden Zifferblatt - zwischen Stundenrad und Zifferblatt eingesetzt wird.)
Behelfszeiger und Federscheibe
Montage des Zifferblatts
Es hat auf der Rückseite zwei Stifte, die in entsprechende Bohrungen des Werks passen. Diese Stifte werden durch Verdrehen von Exzentern im Uhrwerk eingeklemmt und damit festgehalten. Ich habe dazu mal eine Skizze gemacht:
Zifferblattbefestigung
Zeiger setzen
Zuerst der tieferliegende Stundenzeiger: Um ihn zu befestigen, habe ich mir in Ermangelung einer Zeigersetzvorrichtung in das Ende eines Plastik-Schreibstifts ein Loch gebohrt mit einem etwas größeren Durchmesser als dem der Minutenzeigerwelle. Denn diese ragt über das Ende des Stundenzeigerrohrs hinaus. Den Zeiger mit der Pinzette festhalten und mit dem oben beschriebenen Zeigeraufdrückwerkzeug aufdrücken (siehe weitere Skizze).
Zeiger setzen
Beim Setzen des Minutenzeigers muss man auf die Stellung zum Stundenzeiger achten, also zweckmäßigerweise in der Zwölf-Uhr-Position aufsetzen. Die Stellung des Sekundenzeigers ist egal, da beim Zeigerstellen nur Stunde und Minute bewegt werden. Wenn alle Zeiger sitzen, durch Zeigerstellen auf die Halb-Sechs- und Halb-Sieben-Uhr-Position prüfen, ob sie frei übereinander laufen können, ohne sich gegenseitig zu behindern.
Das eigentliche Einschalen
Am Werk muss zunächst die Aufzugswellenarretierung (siehe Übersichtsfoto) gelöst und die Aufzugswelle herausgezogen werden. Vom dreiteiligen Gehäuse das Vorderteil und den Boden abschrauben (Vollgewinde) und das mit Zifferblatt und Zeigern bestückte Werk von vorne in das Gehäusemittelteil einsetzen. Zur Überprüfung der Positionierung habe ich dann die Aufzugswelle wieder eingesetzt. Das Werk wird dann mit den beiden Werkhalteschrauben von hinten mit dem Gehäuse verschraubt.
Übersicht
Dabei muss darauf geachtet werden, dass sich das Werk nicht im Gehäuse dreht, es hat nämlich keine Verdrehsicherung. Die Werkhalteschrauben bei einem skelettierten Werk nicht zu fest anziehen, sonst verzieht es sich. Man merkt es an einer kleiner werdenden Amplitude der Unruh. Danach wieder das Vorderteil montieren.
Aufzugswelle auf die passende Länge kürzen
Sie ist im Lieferzustand mit einer Behelfskrone versehen und viel zu lang, da sie auch für größere Gehäuse passen muss. Die „richtige“ Krone, die dem Gehäuse beiliegt, scheint ein konisches Gewinde zu haben, jedenfalls geht das Aufschrauben auf die Aufzugswelle umso schwerer, je weiter man dreht. Das heißt, dass bei aufgeschraubter Krone das Ende der Aufzugswelle nicht zwangsläufig den Grund der Kronenbohrung berühren muss. Daher die Aufzugswelle lieber erst zu lang lassen und bei aufgeschraubter Krone zum Gehäuse hin messen, wie viel noch abgeschnitten werden muss. Die Aufzugswelle hat ein Vierkant, an dem man sie zum Kürzen und zum Aufschrauben der Krone festhalten kann.
Aufzugswelle und Kronen
Durch das Klemmen des Gewindes erübrigt sich der Einsatz von Schraubenkleber, da die später im Betrieb vorkommenden Drehmomente - durch Aufziehen und Zeigerstellen - wesentlich kleiner sind. Dann die Wellenarretierung wieder zudrehen und den Gehäuseboden montieren.
Zum Schluss noch einregulieren und das Armband dranmachen, fertig!
Daten der Uhr:
Skelettuhr mit Stunde, Minute und kleiner Sekunde
Handaufzugswerk
Typ Seagull TY3620K,
skelettiert und weiß vergoldet,
D = 36,6 mm
H = 4,5 mm
21.600 A/h
17 Steine
Edelstahlgehäuse SG8248,
Material 316 L, dreiteilig, poliert
D = 42 mm
H = 11 mm,
beidseitig entspiegeltes, planes Saphirglas
Vollgewindeboden mit Mineralglas
Bandanstoß 22 mm
8,5 mm Zwiebelkrone
50 m wasserdicht
Zifferblatt weiß, skelettiert
schwarze arabische Ziffern
Zeiger in Lanzenform
schwarz lackiert und bombiert
Kalbslederband mit Breitdornschließe
Verwendetes Werkzeug:
Zeigerabzieher
Mini-Schraubendrehersatz
Pinzette zum Zeigersetzen
Zeigeraufdrückwerkzeug
Flachzange zum Halten der Aufzugswelle
Minibohrmaschine mit Trennscheibenaufsatz zum Kürzen der Aufzugswelle
PC-Zeitwaage
Bandmontagewerkzeug