Hallo zusammen,
in Anlehnung an diesen Beitrag
https://www.sinn-uhrenforum.de/index.php?page…8693#post208693
möchte ich heute dem Wunsch nachkommen, euch, mit viel Text und einigen selbstgemachten Fotos, den neuesten Zugang in meiner kleinen Sammlung hochwertiger Chronographen vorzustellen.
Hochwertig? MIDO? Echt jetzt?
Warum habe ich mir überhaupt eine MIDO angeschafft - markiert sie doch preislich das untere Ende meiner Sammlung, die bereits Marken wie Zenith, Omega, TAG Heuer, Sinn und Hamilton beinhaltet?
Den Ocean Star Chronograph versteht MIDO als Taucheruhr. Ich tauche gar nicht. Und für den gelegentlichen Besuch eines Baggersees mit Schlauchbootnutzung habe ich bereits genug wasserdichte Uhren. Also warum…?
Nun, zwei Merkmale waren es, die mich auf die MIDO aufmerksam werden ließen:
1. Das komplett blaue Zifferblatt mit der blauen Lünette.
Für den Alltag in Büro und Freizeit mag ich Blau. Es passt farblich gut zur Jeans und zu vielen meiner Kleidungsstücke.
2. Die Ausführung in Titan.
Eine Uhr mit knapp über 200 Gramm Gewicht am Arm zu haben, wie meine Sinn 757 UTC oder die Fortis B-42 empfinde ich, besonders im Sommer, wenn es warm ist, nicht unbedingt als besonders angenehm. Ich dachte, da tue ich mir mit leichterem Titan mal einen Gefallen. Allerdings ist die MIDO mit immerhin 151 Gramm (bei zwei entnommenen Bandgliedern) nur ca. 25% leichter als meine beiden Schwergewichte.
Meine TAG Heuer Carrera, mit blauem Zifferblatt (und weißen Totalisatoren) ist mir für den Alltag zu schade, da kam mir die günstige MIDO, in ähnlicher Farbe, grade recht.
Aber was heißt schon günstig? Der Ocean Star Chronograph ist immerhin preislich das Top-Modell der gesamten MIDO-Kollektion und steht mit UVP 2250,- Euro in der Liste.
https://www.midowatches.com/de/ocean-star-…6274404100.html
Der „Straßenpreis“ liegt immer noch bei rund 1800,- Euro.
Ist die MIDO das wert, und wenn ja, was zeichnet sie aus und wo hat sie Schwachstellen? Das soll dieser Beitrag hier klären – ganz subjektiv natürlich… 
Das ausschlaggebende Kriterium für einen Uhrenkauf ist bei mir, dass sie mir in ihrer gesamten Erscheinungsform gut gefällt. Also der erste visuelle Eindruck und der sich daraus entwickelnde Gedanke „die könnte ich mir gut an meinem Handgelenk vorstellen“, sind entscheidend.
Wichtig ist mir auch, dass ich unterschiedliche Marken kaufe, einfach wegen der Abwechslung und weil ich mir nicht viel aus einem bestimmten Markenhype mache.
Wenn dann also die Entscheidung für eine Uhr gefallen ist und ich den Karton öffne, finde ich es immer ganz spannend, welchen ersten Eindruck sie mir zu vermitteln vermag. Fast immer ist es so, dass sie mich in echt noch mehr begeistert, als auf den noch so gut gemachten Produktfotos.
So inspiziere ich eine Uhr immer erst und nehme sie im wahrsten Sinne des Wortes gründlich „unter die Lupe“.
Gemäß dem Spruch „Wenn eine Sache wert ist, dass man sie überhaupt macht, dann ist sie auch wert, dass man sie gut macht“, bewerte ich für mich persönlich, wie „gut“ ein Produkt (die Uhr) gemacht ist, in Bezug auf die Fertigungsqualität oder pfiffige konstruktive Lösungen, allgemeine Tauglichkeit für den vorgesehenen Zweck oder Bedienbarkeit, oder…
So lasse ich euch nun an meinem ganz persönlichen „unter die Lupe nehmen“ der MIDO teilhaben.
Vorweg sei gesagt, dass diese Uhr mit einem Lünettendurchmesser von 44,0 (Gehäuse 43,5) und einer Höhe von 15,7 mm sowie ihrem 4,1 mm dicken Armband, bei 22 mm Bandanschluss, alles andere als zierlich daherkommt.
Das Gehäuse:
Das Gehäuse ist hervorragend verarbeitet. Form und Proportionen finde ich gefällig. Die Oberfläche ist fast vollständig ganz fein gebürstet, sodass sich ein mattes Finish ergibt. Lediglich eine angefaste Linie, die rechts und links von der Unterkante des Gehäuses jeweils über die äußeren und oberen Ecken der Bandanstoßhörner bis hin zum Kronenschutz verläuft, ist poliert. Auch die äußeren Kanten eines jeden Armbandgliedes sind so poliert. Das haben sie gut gemacht, finde ich.
Apropos Kronenschutz: Die obere Fläche des Kronenschutzes ist nach unten hin schräg abfallend gestaltet. Dies ergibt in Verbindung mit einer kreisrunden, ganz eng am Außendurchmesser der Krone anliegenden Ausfräsung in der Draufsicht eine Parabel. Ein sehr interessantes und auffälliges Designmerkmal, das mir gut gefällt, die verschraubte Krone hervorragend schützt und deren Bedienbarkeit trotzdem nicht beeinträchtigt.
Die beiden Drücker sind ebenfalls verschraubt. Ihre Verschraubungshülsen, die das Design der Krone aufgreifen, lassen sich ebenso tadellos bedienen, wie die Drücker selbst.
Den verschraubten Boden ziert ein geprägtes Element, bestehend aus einem Seestern und drei linienförmigen Wellen. Das finde ich stimmig, für eine Taucheruhr.
Das Armband:
Natürlich besteht das Armband auch vollständig aus Titan. Die Bandanstöße, die Glieder und das Scharnier sind massiv ausgeführt und aus dem Vollen gefräst. Die Schließe und die Taucherverlängerung bestehen aus sehr ordentlich gebogenem Blech, was ich für diese Preisklasse absolut in Ordnung finde.
Der mittlere Teil der mit 12,6 mm sehr langen Glieder ist poliert, die Seitenbereiche der Glieder sowie die Schließe und das Scharnier sind genauso gebürstet wie das Uhrengehäuse.
Zur Längenanpassung beinhaltet das Band zwei „halbe“ Glieder, wobei halb bedeutet, dass sie mit 8,5 mm etwa zwei Drittel der Länge eines normalen Gliedes haben. So kann in der Kombination aus entweder nur ganzen Gliedern oder einem ganzen und einem halben oder zwei halben Gliedern die passende Armbandlänge konfiguriert werden.
Das Kürzen des Armbandes ist, dank simpler Spreizstifte, die einfach ausgetrieben werden können, ein Kinderspiel und erfordert kein besonderes Werkzeug, außer eben einem passenden Dorn.
Natürlich ist diese technisch einfache und optisch nicht grade elegante Lösung auch ein Tribut an die attraktive Preisgestaltung.
Wer bei wärmeren Temperaturen das Armband gerne ein bisschen weiter hätte, kann dies sehr einfach über die integrierte Taucherverlängerung bewerkstelligen. Sie wird, ebenso wie die Schließe selbst, mit kleinen Doppeldrückern betätigt und hat fünf Raststellungen im Abstand von jeweils 5,3 mm.
Leider ist die Taucherverlängerung arg klapprig, wenn man sie herauszieht. Das tut ihrer Funktion zwar keinen Abbruch, aber die Fertigungstoleranzen sind an dieser Stelle schon so gewählt, dass merkliches Spiel entsteht.
Mit der hervorragenden Fertigungsqualität des Armbandes meiner Tag Heuer Carrera, die deutlich teurer ist, kann man das Armband der MIDO nicht vergleichen (alleine ihr Scharnier ist ein Kunstwerk für sich). Mit der meiner Omega Speedmaster erst recht nicht, aber deren Preis ist ja mittlerweile auch in astronomische Höhen abgedriftet.
Die Lünette:
Ja, die MIDO hat tatsächlich eine Lünette aus Titan, mit einem Inlay aus Keramik.
Die polierte Riffelung am Außenrand finde ich dezent genug, um optisch nicht übermäßig präsent zu sein. Trotzdem ist sie griffig genug, um die Lünette gut drehen zu können.
Wie es sich für eine Taucheruhr gehört lässt sich die Lünette nur entgegen dem Uhrzeigersinn drehen. Sie rastet dabei in 120 Positionen.
Zentrierung und Rastung haben jeweils ein paar Zehntel mm Spiel. Das überzeugt (mich) haptisch und akustisch nicht vollends, ist aber auch nicht allzu tragisch.
Die in die Keramik eingeschliffenen Zahlen und Striche und deren Auslegung mit weißer Farbe machen auf den ersten Blick einen ordentlichen Eindruck. Ganz genaues Hinsehen, insbesondere mit einer Lupe, offenbart dann aber doch die tatsächliche Qualität:
Die Schleifränder sind „ausgefressen“ und die Farbe nicht wirklich homogen aufgetragen.
In diesem Punkt zeigt der Vergleich mit meiner TAG Heuer Carrera, deren Lünette ebenfalls ein Keramikinlay mit weiß ausgelegter Beschriftung hat, wo der Hammer hängt. Die MIDO kann hier bei Weitem nicht mithalten.
In diesem Diskussionsfaden hatte ich meine Bedenken zur Farbgestaltung eines Keramikinlays zu einem im gleichen Farbton bedruckten Zifferblatts geäußert:
https://www.sinn-uhrenforum.de/index.php?page…9016#post209016
Die MIDO zeigt, dass ich mit meiner Annahme richtig lag. Bei diffusem, gedämpftem Tageslicht erscheinen Lünette und Zifferblatt auch bei unterschiedlichen Betrachtungswinkeln in einem identischen Farbton.
Sobald jedoch etwas grelleres Sonnenlicht oder Kunstlicht im Spiel ist, ändert sich das, denn dann sieht die Farbe der Lünette anders aus, als die des Zifferblatts.
Bei meiner TAG Heuer Carrera ist ein farblicher Unterschied so gut wie gar nicht wahrehmbar, egal unter welchen Lichtbedingungen und Betrachtungswinkeln.
Das Zifferblatt:
Die Beschreibung des in den meisten Fällen markantesten Merkmals einer Uhr, des Zifferblatts, habe ich bewusst nicht an den Anfang gestellt. 
Wer tatsächlich bis hierher alles gelesen hat, wird sich vermutlich auch die Zeit nehmen, meinen Eindruck von diesem besonders wichtigen, wenn nicht gar wichtigsten Merkmal zu erfahren.
Das Layout der MIDO, mit ihren beiden Totalisatoren bei drei und neun Uhr und dem Datumsfenster bei sechs Uhr, gefällt (mir) alleine schon wegen seiner Symmetrie gut.
Insgesamt ist das Zifferblatt schlicht gehalten, ohne „Firlefanz“. Die Totalisatoren sind nicht, wie oft üblich, minimal abgesetzt und gar mit winzigen kreisförmigen Erhebungen versehen, sondern es wurden einfach nur die Indexe und Zahlen auf das plane Zifferblatt gedruckt. Das trägt dazu bei, dass sich die Chronographenfunktion eher zurückhaltend präsentiert – und nebenbei war da vielleicht auch die angepeilte Preisgestaltung mit ein Grund für die Devise „weniger ist mehr“.
Der konische Rehaut ist mit einer aufgedruckten Tachymeterskala versehen – nicht, wie üblich, in der Einheit Kilometer pro Stunde sondern in Nautische Meilen Pro Stunde.
Dabei ist zu beachten, dass man nicht an der Stellung des Stoppsekundenzeigers direkt die Geschwindigkeit ablesen kann, sondern das gemessene Zeitintervall in Minuten für das Ablesen der Geschwindigkeit zugrunde legen muss. Ein, wie ich finde, interessantes Detail, das vielleicht bei Skippern auf Zuspruch stößt und den maritimen Anspruch einer Taucheruhr zusätzlich unterstreicht.
Die Bedruckung des Zifferblatts wirkt mit bloßem Auge ordentlich, wenngleich der dünne Auftrag der Farbe das allerletzte Quentchen an Kontrast vermissen lässt.
Mit der Lupe betrachtet muss die Beurteilung allerdings anders ausfallen:
Der Farbauftrag ist nicht nur sehr dünn sondern auch inhomogen, teilweise mit kleinen Fehlstellen, die nicht vollständig mit Farbe bedeckt sind, teilweise mit stärker ausgefressenen Rändern, als ich das von der Zifferblatt-Beruckung meinen anderen Uhren kenne. Das orangene Dreieck auf dem Rahaut, bei der Zwölf, ist besonders dünn und an den Rändern verschwommen.
Wenn ich wieder den Vergleich zur TAG Heuer bemühe, dann wird besonders deutlich, dass die Qualität der Bedruckung der MIDO hier schon grenzwertig ausfällt, egal, wie günstig ihr Preis ist.
Absolut überzeugend und völlig makellos sind hingegen sämtliche Zeiger. Aus poliertem Edelstahl gefertigt passen sie gut zu den applizierten Edelstahl-Indexen.
Stunden- und Minutenzeiger sind jeweils in der Mitte teilweise skelettiert und im nicht skelettierten Bereich gebürstet. So ergibt sich im Zusammenspiel mit den polierten Seitenbereichen fast der Eindruck, als wären die Zeiger in Längsrichtung an beiden Seiten minimal abgekantet – sind sie aber nicht.
Dem Sekundenzeiger hat MIDO sogar Leuchtmasse innerhalb einer pfeilförmigen Spitze spendiert, ebenso wie dem Stoppsekundenzeiger, dessen Spitze zusätzlich etwa 5 mm weit mit orangener Farbe versehen ist. Dieser „Farbklecks“ harmoniert meiner Meinung nach gut mit dem orangenen Dreieck auf dem Rahaut und der gleichfarbigen Beschriftung „OCEAN STAR“ oberhalb des Datumsfensters.
Die Belegung der Zeiger und Indexe mit Leuchtmittel ist außerordentlich exakt und gleichmäßig erfolgt. Einmal hell angestrahlt leuchten die belegten Bereiche bis zum nächsten Morgen, sodass ein Ablesen auch bei Dunkelheit mühelos funktioniert.
Das beidseitig entspiegelte, plane Saphirglas ermöglicht unter jedem Betrachtungswinkel einen weitgehend reflexfreien Blick auf das Zifferblatt.
Das Uhrwerk:
Angetrieben wird die Ocean Star vom MIDO-Kaliber 60. Natürlich verbirgt sich dahinter kein MIDO-eigenes Kaliber sondern es ist ein ETA A05.H31, welches wiederum seinen Ursprung in dem ETA 7753 hat, also einem Abkömmling des millionenfach bewährten ETA 7750.
Aber das Werk ist mit einer erhöhten Gangreserve von 60 Stunden ausgestattet und mit schönen, gebläuten Schrauben ausgestattet sowie mit Genfer Streifen auf dem Rotor und Zierschliffen auf diversen Brücken versehen. Das ist auf jeden Fall mehr, als man angesichts des Preises erwarten kann, und wenn der Deckel drauf ist, sieht man ja eh nichts davon. 
MIDO – echt jetzt?:
Dass ich mit der Ocean Star keinen ultrahochwertigen Zeitmesser der Extraklasse erwerbe, war mir vorher klar. Das wollte ich auch nicht.
MIDO gehört nicht zu den Marken, für die solvente Käufer fast jeden Preis bezahlen, auch wenn das Produkt ihn eigentlich nicht rechtfertigt.
Deshalb geht MIDO einen anderen Weg und zeigt mit dem Ocean Star Chronograph, dass es unter den Fittichen der starken Swatch-Gruppe möglich ist, ordentliche Qualität – mit leichten Abstrichen – zu produzieren, dabei sogar Werkstoffe wie Titan und Keramik zu verwenden, ein aufgehübschtes und modifiziertes Großserien-Uhrwerk einzubauen und das Ganze in einem Design zu gestalten, das sicher von Vielen als stimmig betrachtet wird.
Ich jedenfalls finde die Uhr nicht nur wegen ihres ansprechenden Preis-/Leistungsverhältnisses überzeugend sondern insbesondere, weil sie meiner Ansicht nach etliche Stilelemente einer schönen Uhr vereint.
Sie ist für mich eine gut gemachte, ehrliche Alltagsuhr, mit der man sich jederzeit und überall sehen lassen kann, auch wenn es bei der Qualität der Zifferblattbedruckung sowie Lünettenausführung und den Tolerenzen der Taucherverlängerung bei kritischer Betrachtung mehr oder weniger „Luft nach oben“ gibt. Und ich denke, bei der MIDO kratzt es mich vielleicht nicht soooo sehr, wenn sie doch mal einen kleinen Kratzer abbekommen sollte, wie mich das bei meinen teureren Uhren kratzen würde.
Ich bin mir sicher, dass die MIDO viel Tragezeit an meinem Arm bekommen wird… 
Gruß
mabel