Für die, die gerne mal auf die Baselworld gegangen wären, aber es nicht geschafft haben, hier noch als Ergänzung mein Kurzbericht.
Wie Andi bereits schrieb, war die Baselword deutlich kleiner als letztes Jahr, da eben die riesige Multi-Marken-Swatch-Group und auch andere (z. B. Raymond Weil) fehlten.
Die Messe versuchte das durch großzügige Restaurant-, Relax und Event-Flächen – die auch wirklich ansprechend und nützlich waren – auszugleichen, aber der Abschwung war der Messe schon mehr als deutlich anzusehen.
Wer im Wortsinne mal hinter die Kulissen schaute, sah auch, dass die Hallen trotz aller Mühen nicht ausgefülllt waren. Wo sonst bei anderen Messen noch eine Reihe billigerer Stände kommt war hier einfach … nichts. Schwarz. Leer.
Trotzdem muss ich sagen,
ich habe meinen Besuch nicht ansatzweise bereut!
(Außerdem: wann darf man schon mal an jedem Arm eine Uhr tragen, ohne sich wie ein vollkommener Idiot zu fühlen … tatsächlich bin ich aber damit selbst auf der Baselword aufgefallen …)
Trotz allem, war die ganze Einkaufsstraße in Richtung Messe - inclusive der Rheinbrücke - mit Baselword beflaggt. Wichtig ist sie also immer noch.
Man kann die Messe wenn mal will grob in sechs Bereiche einteilen:
A) Die Halle 1.0
Die Halle mit den Blockbustern: die unabhängigen drei (Rolex/Tudor, Patek Philippe und Breitling) mit jeweils Riesen-Ständen und die LVMH-Gruppe mit Bulgari, Zenith, Hublot und TAG Heuer.
Hier eine Neuigkeit von Patek … ich habe zwei mal hinschauen müssen;-)
Wie man sieht nicht sooo viel los, allerdings sind diese Fotos recht früh (ca. 10 Uhr) am Messetag aufgenommen.
Plus ein paar andere interessante Marken und (für mich) Überraschungen wie Chanel, Gucci mit gleich zwei Ständen und Porsche Design.
Apropos Porsche: um die Flächen zu füllen hat Porsche Design nicht nur Uhren, sondern auch Autos mitgebracht, gut für Porsche und gut für die Messe ;-)
Das bringt mich auf eine andere Beobachtung:
Während (Negativbeispiel) Bulgari fast nichts zeigte*) und auch keinerlei Zutritt ermöglicht, war Posche Design sehr offen, sprach Endkunden an und lud zum Hereinkommen und ein bisschen Fummeln ein.
Das mag auch daran liegen, dass diese Marke eigene Shops hat und somit weniger Händler-Gespräche führen muss, fiel mir aber sehr positiv auf.
Und ja, die Firmen müssen hier wichtige Verhandlungen mit Händlern führen und es wäre sicher nicht auszuhalten, wenn alle für alle die Pforten öffnen würden.
Aber man kann damit auch umgehen wie z. B. Rolex und Patek, die bereitwillig und freundlich Propekte verteilen und – viel wichtiger – auch richtig viel Uhren (wenigstens) zeigen:
So viele Rolexe und Pateks wie auf der Baselworld kann man in keiner City der Welt anschauen und vergleichen!
Der Sieger in dieser Kategorie ist aber natürlich Sinn, die explizit Endkunden einladen!
(Nomos hingegen zeigte sich wieder sehr zugeknöpft.)
Letztes Jahr bemühten sich die Marken auch um uhrenspezifisches Entertainment, Blancpain beispielsweise hatte gleich zwei Uhrmacher, denen man über die Schulter (und auf Monitore) schauen konnte. Diesmal habe ich genau einen solchen Stand gefunden, ausgerechnet bei Frédérique Constant (inzwischen Citizen)
*) andererseits war bei Bulgari eine Uhr zu sehen, die für mich der Hit der Messe 2019 war:
der neue, flachste, Automatik-Chrono mit zweiter Zeitzone im sensationellen Titangehäuse; was für eine geile Uhr!
(und - relativ gesehen - auch bezahlbar; wie schrieb einer der Blogs: bei Patek würde das das vierfache kosten)
Zurück zum Thema:
B) Die Halle 1.1
Irgendwie die normalste Halle. Mega-Stände neben bescheidenen, ikonische Marken neben unbekannten.
Hier finden sich superteure Schmuckuhren ebenso wie die deutschen Marken Sinn, Nomos, Mühle, Tutima, Meistersinger, …
Auch z. B. Seiko und Grand Seiko ist hier vertreten und der sensationelle Stand von Citizen, der mit 1000enden Werksplatinen geschmückt ist.
C) Zubehör in Hallen 4.0 und 4.1
Naja, Bergeron und Witchi habe ich schon mal gehört, Messtechnik, Werkzeuge und Arbeitstische … als Ingenieur mal ganz nett das anzusehen, Juweliereinrichtungen und Verpackung fand ich dagegen eher langweilig.
D) Edelsteine
In den Hallen 1.2, 3.0, 3.1 gab es lose Steine und fertigen Schmuck in allen Farben, Formen und Größen, auch z. B. Niessing war dabei.
Gähn.
E) eine Eventfläche
Einen Vortrag habe ich mir angehört und dieser war tatsächlich sehr interessant!
F) Independents
Das war super-interessant, wenn auch seitens der Messe m. E. nicht sehr übersichtlich.
Sowohl als »
Les Ateliers« im Erdgeschoss, aber gegenüber der großen Halle 1.0, als auch als
Gemeinschaftsstand der AHCI (Académie Horlogère des Créateurs Indépendants) in Halle 1.1 und dann nochmal als »The
Watch Incubator« auf einem Zwischengeschoss in Halle 1 (sogar ohne Ausweis erreichbar) fand man eher kleinere, unabhängige Marken mit teilweise sehr ansprechenden Konzepten.
In »Les Ateliers« fanden sich die nicht ganz so kleinen wie die deutschen Lehmann, die endgeilen Urwerk oder aber auch Super-Exoten wie MB&F mit den abgefahrenen Kunstobjekten.
Ähnlich «verrücktes« (im positiven Sinne) fand man auch am AHCI-Stand.
Diese Uhr hier unten schaltet jede Stunde die entsprechende Ziffer, die ansonsten auf dem Kopf steht, blitzschnell in die richtige Position. Und da gibt es Firmen, die sich rühmen, wenn ihr Datum sofort schaltet …
Am überraschensten fand ich den »Watch Incubator«.
Einfach so in einem Zwischengeschoss versteckt: an kleinen Tischen fast wie auf einem Flohmarkt fanden sich Uhren wie die von Singer (kennen einige als Porsche-Restaurator/Aufrüster), der immerhin mit der Größe Jean-Marc Wiederrecht (Chopard, Harry Winston, Patek Philippe, …) zusammenarbeitet und m. E. sehr geile Chronos (40T€ …) produziert, oder auch kleinere Uhren im bezahlbaren Bereich wie diese hier
Auch dieses Konzept hat mir sehr gut gefallen:
Hier die neue Singer FlyTRack … man beachte die Detailverliebtheit bei der Feder der Schließe!
Man redet hier – wie auch bei den anderen Independents am AHCI-Stand oder im »Atelier« – durchaus mal mit dem Inhaber und/oder Uhrmacher.
Auf jeden Fall ist dieser Bereich (bzw. diese drei Bereiche) sehr unterhaltsam, sympathisch und bildend.
Mein Highlight passierte aber just beim Verlassen der Messe.
Einer der Inpependents, die Marke »ochs und junior« des Ohrengenies Ludwig Öchslin, stellte zwar nicht aus (sie machen überhaupt kein klassisches (bezahltes) Marketing), der »Gründer und CTO« kam aber persönlich vorbei, um sich die Messe anzuschauen.
Andere machen Selfies mit Sportlern oder Pop-Stars … ich mit Meisteruhrmachern