Sich in Uhren Foren herumzutreiben, bedeutet nicht nur mit nützlichen Informationen versorgt zu werden… Die netten Stammtische bedeuten nicht einfach nur ein gutes Schnitzel zu essen, ein Feierabendbier im Kreis von netten Menschen zu zischen und sich launig über sein Hobby auszutauschen…
Nein, diese Art der Freizeitbeschäftigung hat auch knallharte wirtschaftliche Konsequenzen. So wird man immer wieder aufs Neue um Geld erleichtert und die Uhrenbox um ein weiteres Schätzchen bereichert. Auch werden Grundsätze verworfen und gute Neujahrvorsätze schon im ersten Jahresquartal gebrochen.
So hatte ich mir vorgenommen, dieses Jahr keine weitere Uhr zu kaufen und dies auch beim Stammtisch voller Willensstärke kommuniziert. Stattdessen wollte ich mich mit Accessoires wie Bänder, eine neue Uhrenbox beschäftigen oder vernünftiges Uhrenwerkzeug beschäftigen.
Alle Vorsätze dahin!
Dass Befingern von Matzes Seiko Marinemaster hatte mich derart in den Bann gezogen, dass mir schon am Abend klar war, diese qualitätsandächtige Uhr wird den Weg zu mir finden müssen.
Ein kleiner Kommentar zu dem Rückblick des Stammtisches reichte um kurz darauf ein sehr faires Angebot, samt dem tollen ISOFRAME gemacht zu bekommen, dass ich einfach nicht ausschlagen konnte. Diese Wanderbewegung unter Bekannten hat den Vorteil, dass die ein- und selbe Uhr mehrfach mit einer Vorstellung gewürdigt wird.
Von der Uhr geht eine fast schon unglaubliche Qualitätsaura aus. Wer diese Uhr besitzt oder schon in der Hand hatte, kann nachvollziehen was ich meine. Beim Stammtisch wurde mir überdeutlich welcher Abstand in Sachen Fertigungsqualität und Liebe zum Finish sich zu SINN besteht. Ich hatte meine 103 blau am Arm und erst im Vergleich zur Marinemaster ist mir das achsiale Spiel der Lünette bewusst geworden. Auch die Übergänge und Kanten wie aus einer anderen Welt. Zu Hause angekommen habe ich noch aufgewühlt die 757 Diapal in die Hand genommen. Auch hier: Lünetten-Spiel, Kanten, eben das ganze Finish zwar gut, aber eine ganze Nummer weniger auf Perfektion getrimmt.
Die Marinemaster verfügt über ein Monoblockgehäuse. Demzufolge ergibt sich eine hohe Gasdichtigkeit, da sich die Schnittstellen auf 2 Dichtungen reduzieren (Glas und Krone). Lautes AR-, oder auch Heliumventil Marketing-trommeln ist nicht so das Ding der fleißigen und bescheidenen Japanern.
Auf eine Außenentspiegelung die letztlich doch nicht kratzfest ist, verzichten die Japaner. Stattdessen gehen diese den Seiko traditionellen Weg des Hardlex Glases. Ein Glas, das 3-mal härter sein soll als herkömmliches Mineralglas, deutlich weniger UV Strahlungen ans Blatt lässt und nicht die Spiegelungseigenschaften eines Saphirglases hat. Ich werde sehen wie kratzfrei dieses mit der Zeit bleibt. Andererseits hat mich ein Kratzer der Außenentspiegelung an der U 400€ gekostet (mit 2-fach AR Zwangstausch usw.). Dafür bekommt man 4 Saphirgläser für die Marinemaster oder ein paar mehr Hardlex Gläser. Insofern mach ich mir da jetzt erst mal keine Gedanken bzgl. Kratzer und genieße die Hardflex Vorzüge.
Nicht dass SINN keine wertigen Uhren baut -ganz im Gegenteil- aber das Bessere ist eben doch des guten Feind!
Hätte ich die Seiko nicht in die Hand genommen, wäre SINN eine für meine Ansprüche mehr als perfekte Uhr gewesen. Die Seiko jedoch gleitet geradezu und völlig frei von scharfen Kanten schmeichelnd durch die Hände. Die Lünette fühlt sich beim Drehen wie der Drehknopf eines massiven Tresors an. Der Blick durch das fast spiegelfreie Hardlex Glas zeigen ein perfektes Zeigerspiel und höchst präzise eingefasste Indices. Das wechselnd poliert und satinierte Gehäuse wirkt dressig und sportlich zugleich, was die Uhr zum multiplen Allrounder macht.
Die Woche vor dem Eintreffen der Uhr hatte mich die Marinemaster an 2 Abenden um den geplanten Sport gebracht, da ich im Netzt hängengeblieben bin. Hier im SINN-Forum gibt es auch den Ein- oder Anderen, der die Marinemaster sein Eigen nennt, wird aber nicht sonderlich thematisiert. In anderen Foren, wie dem Uhr-Forum hingegen kann man nächtelang lesen. Da wird die Seiko geradezu mystifiziert.
Die Marinemaster hat keinen leichten Stand. Sie muss sich dafür rechtfertigen warum eine Seiko 2000€ kostet und gleichzeitig mit einer Submariner oder Deep Sea vergleichen, die 3- oder 5fach so teuer sind.
Rein optisch ist sie schon erkennbar an Rolex Sporties angelehnt, zeigt sich im Design aber dennoch sehr eigenständig. Größentechnisch ist sie irgendwo zwischen Submariner und Deep Sea anzusiedeln. Zahlreiche Vergleiche nach objektiven Kriterien ergeben sich bei der Rolex abgesehen vom Band der DS keine nennenswerten Vorzüge. Eher im Gegenteil, selbst Rolex Eigner sehen die Marinemaster vom Gehäusefinish vorne. Ich muss hier nochmal den Direktvergleich zu Rolex vornehmen, aber bei der Marinemaster war das Aha-Erlebnis hinsichtlich Qualität größer als bei den Rolexen die ich bislang in der Hand hatte.
Die Marinemaster ist neben den Überbrüdern, den Gand Seiko so etwas wie der Lexus bei Toyota oder der Infinity bei Nissan. Wenn man überlegt, das Toyota in den 90er Jahren mit der Hilfestellungen von Kaizen- und Vermarktungsprozessen einen wesentlichen Anteil daran hatte Porsche vor der Insolvenz zu retten und Porsche dann mit Gewalt zurückkam – crazy. Der Wille und das Verpflichtungsgefühl einfach nur Hochleistungsqualität mit einem krankhaften Anspruch des fast Unmöglichen zu liefern, während Porsche zu viel höheren Preisen die bessere Marge einstreicht muss man sich selbst als fleißiger Deutscher und dem Japaner nicht gänzlich gegensätzlich verwundert die Augen hinter der interkulturellen Brille reiben und sich fragen: Warum tun sich die Japaner sowas an?
Wenn ich die Marinemaster in der Hand halte, die m. M. nach mit keiner Uhr die mir bislang durch die Hände in der 2000€ Klasse ging vergleichbar ist, sehe ich förmlich den Japaner vor mir der seinen Urlaub opfert, um SEIN Produkt noch perfekter als perfekt zu machen. Ich kann nur hoffen, dass sich kein Japaner getrieben von dem unbändigen und unerfüllbaren Anspruch an sich selbst, die Qualität ins Endlose zu steigern in den Suizid gestürzt hat. Dass würde mir echt den Spaß an dem Präzisionsgerät versauen.
Warum um Gottes Willen aber nur sind die so drauf? :cl: Warum schalen sie nicht einfach in einer akzeptablen Qualität gepaart mit einem ansprechenden Design ein wie SINN und genießen schon freitagmittags das Züricher Geschnetzelte mit Berner Rösti
bei einem Glas Chardonnay sinnierend den Blick in die Schweizer Bergwelt und scheadronieren über ihren erfolgreich aufgebauten Brand und die guten Margen?
Sie könnten doch auch zum benachbarten Bali fliegen und die Eier in die Sonne strecken oder surfen gehen.
Ein bisschen mehr von der Energie ins Design und Marketing (insb. der Markenpflege), ergäbe immer noch eine gute Qualität und wäre wohl ökonomisch betrachtet effizienter.
Ganz ehrlich, ich würde es so machen wie Lothar beim Geschnetzelten und Chardonnay, oder eben wie Rolex mit mehr Marketingaufwand aber 3-5 fachen Endpreisen - was wohl ohne Mythos schwieriger ist. Solange die Kunden mitspielen, läuft doch alles prima.
Oder am besten eben beide Vorzüge vereinen, als Kunde die Perfektion am Arm beim Züricher Geschnetzelten und dem Glas Weißwein die Woche frühzeitig ausklingen lassen, im Home Office beim Paket auspacken
Nachdem ich über 20 Jahre eine Seiko Kinetic als alleinige Uhr getragen habe, ist der Kauf der Marinemaster so etwas wie eine Abrundung meiner bisherigen Uhren Ära. Hat was von Alpha bis Omega. Eigentlich DIE ideale Exitwatch!!!
Doch nun lass ich Bilder sprechen:
Leuchtet wie Bolle. Bild im Wintergarten tagsüber gemacht!