Liebe Uhrenfreunde,
bekanntermaßen liebe ich ja die Abwechslung, sodass ich Euch immer wieder mal neue Uhren und ggf. auch Marken präsentieren kann. Obwohl ich mit Sicherheit keinem Uhrenfreund die Marke IWC näherbringen geschweige denn vorstellen muss, kennt vielleicht nicht jeder die Geschichte eines der Flaggschiffe im Programm von IWC: die Geschichte des Portugiesers!
Schon seit über 15 Jahren gefällt mir dieses Modell sehr gut, eigentlich war es für mich immer die Uhr, mit der ich meine „Uhrenreise“ mal beenden wollte – das war allerdings, bevor ich diesem Forum beigetreten bin. Allerdings hatte ich immer ein etwas ambivalentes Verhältnis zu dieser Uhr: Einerseits hat mich die Klarheit der Uhr immer begeistert, andererseits fand ich sie auf Dauer auch langweilig. Außerdem haben mich bei den klassischen Modellen immer die abgeschnittenen Zahlen rund um die Totalisatoren sehr gestört – wie im Übrigen bei allen Uhren.
Eine Ausnahme war für mich allerdings die Portugieser Yacht Club! Diese sportlichste Variante der Reihe erfüllte nahezu alle Kriterien, die ich an eine sportlich-elegante Uhr stelle. Sie war mir jedoch lange Zeit etwas zu groß mit ihren fast 46mm. 2015 hat IWC das Modell aber noch einmal überarbeitet, die Größe auf 43,5mm reduziert und vor allem das schwarze Zifferblatt mit weißem Rehaut durch ein anthrazitgraues Blatt mit schwarzem Rehaut und Sonnenschliff ersetzt – und das war es dann für mich! Diese Variante finde ich super-elegant, einzig die etwas angeschnittene 11 ist ein minimaler Malus, der aber in Anbetracht der vielen Stärken der Uhr für mich akzeptabel war und ist. Herausheben möchte ich lediglich ein stilistisches Element, das für mich sinnbildlich ist für die Liebe zum Detail von IWC: der obere Totalisator (hier „Compteur“ genannt), der von seiner Anmutung an das Steuerrad eines alten Segelschiffs erinnert!
Lange Zeit schien die Uhr für mich in Anbetracht eines Neupreises von 12.000 EUR allerdings unerschwinglich, und auch die Gebrauchten sinken selbst nach Jahren nur minimal im Kurs. Aber gelegentlich ist einem das Glück ja hold, und so habe ich in der vergangenen Woche endlich ein für mich perfekt passendes Exemplar erwerben können. ;;-)))
Nun aber für die Interessierten – wie angekündigt – noch etwas zur Geschichte der IWC Portugieser:
„Die vor mehr als 75 Jahren vorgestellte Portugieser der IWC aus Schaffhausen gilt heute als klassische Uhrenschönheit. Das war nicht immer so, fand die “Armbandtaschenuhr”, wie sie auch genannt wurde, doch zunächst kaum Anklang. Erst in den letzten zwanzig Jahren avanciert sie zu einem der beliebtesten IWC-Modelle – und ihre Kollektion wird lebhaft gepflegt. Der folgende Artikel zeigt die wechselhafte Geschichte der Uhr bis hin zu aktuellen Modellen wie der IWC Portugieser Automatic oder dem ersten Jahreskalender in der Portugieser-Kollektion.
Wir schreiben das Jahr 1938. Eine Zeit, in der sich die Armbanduhr schon lange etabliert hat und die Taschenuhr als gängigen Zeitmesser verdrängt ist. Zu jener Zeit erfreuen sich zierliche Armbanduhren, eckig oder rund im Stil des Art déco, besonderer Beliebtheit. Ausgefallene Tonneau-Uhren sind gerade der letzte Schrei. Kein Wunder, dass man in der Schaffhauser Uhrenmanufaktur IWC einigermaßen erstaunt auf eine Anfrage zweier Geschäftspartner aus Portugal reagiert. In einem Brief an die Firmenleitung äußern die Uhrenimporteure Rodríguez und Teixeira aus Lissabon und Porto den Wunsch nach einer “großen Armbanduhr in Stahl”. Für ein solches Produkt bestehe auf dem portugiesischen Uhrenmarkt derzeit eine lebhafte Nachfrage.
Bei der IWC hält man dies zunächst für ein Missverständnis und fragt nach, ob man nicht mit einer moderneren Uhr behilflich sein könne. Immerhin hat die Manufaktur zu jener Zeit kleine Werke wie das 10-linige Cal. 62, das für Armbanduhren entwickelte Cal. 83 oder das Cal. 87 Tonneau im Programm. Es wäre ein leichtes, mit diesen ein speziell auf den portugiesischen Uhrenmarkt zugeschnittenes Modell zu kreieren. Doch die Herren aus Portugal insistieren: Eine gewisse Klientel – Kapitäne und Offiziere der portugiesischen Handelsflotte – wünsche eine “richtig große Uhr” im Stil eines exakt laufenden Marinechronometers, aber am Arm zu tragen.
Der Wunsch der Portugiesen ist der IWC Befehl, und man schalt das bestehende Herrentaschenuhrkaliber 74H4, das sich als Savonnette mit der kleinen Sekunde im 90-Grad-Winkel zur Krone für die Übertragung gut eignet, in ein Armbanduhrengehäuse ein. Das 1913 erstmals produzierte Werk mit Einzelbrücken, chatonierten Steinelagern, geschlitzter Bimetallunruh, Breguet-Spirale und Schwanenhals-Feinregulierung verfügt über ein sehr gutes Gangverhalten, allerdings nicht über eine Stoßsicherung. Es misst 38,35 Millimeter und ist nur 4,2 Millimeter hoch. Diese Dimensionen übertreffen bereits erheblich die Ausmaße der damals üblichen Armbanduhren.
Die ersten Portugieser debütierten 1939 in kleiner Stückzahl in einem an sich schlichten, jedoch stolze 41,5 Millimeter messenden Gehäuse, das mit einer gekehlten Lünette für das weniger zerbrechliche Acrylglas, einem Mittelteil und einem aufgesprengten Stahlboden dreiteilig konstruiert war. Die Krone war ebenfalls entsprechend großzügig angelegt, um das Aufziehen zu erleichtern. Das Gesicht der Dreizeiger-Uhr ist in seiner Schlichtheit kaum zu übertreffen und wirkt stilbildend für alle nachfolgenden Portugieser-Generationen: schmale, blattförmige Zeiger kreisen über klaren arabischen Ziffern auf silbernem oder schwarzem Hintergrund.
Wie nicht anders zu erwarten, scheint die Zeit für eine “Armbandtaschenuhr” noch nicht reif, und nur einige hundert Exemplare werden zwischen 1939 und 1944 verkauft. Daran ändert auch die technische Umrüstung in der Mitte der 1940er-Jahre nichts, als IWC das Modell mit den Kalibern 74 und 98, die auf den in den 1930er-Jahren entwickelten Taschenuhrkalibern 67 (Lépine) und 68 (Savonnette) basieren, ausrüstete. Von 5,5 auf 4,0 Millimeter Bauhöhe verschlankt und als Cal. 97 und 98 weitergeführt, waren sie mit feiner IWC-Taschenuhrtechnik (Rubinlager für die Räder, geschlitzte Bimetallunruh mit Breguet-Spirale und Schwanenhals-Feinregulierung) ausgestattet, besaßen aber weiterhin weder eine Stoßsicherung noch eine nennenswerte Wasserdichtheit.
Trotz der inneren Aufwertung war der IWC Portugieser kein Erfolg beschieden. So wurden mit dem neuen Werk bis circa 1958 nur wenige hundert Stück gebaut; die Uhr schien Geschichte zu sein. Unmittelbar vor der Quarzkrise, zu Beginn der 1970er-Jahre gab IWC dem übergroßen Uhrenmodell eine weitere Chance und lanciert versuchsweise eine limitierte Edition in übrig gebliebenen Originalgehäusen auf dem deutschen Markt. Sie wird angetrieben vom Cal. 982 mit Handaufzug, dem IWC-Standardwerk für Taschenuhren mit Sprungdeckel. Dieses ist inzwischen auch mit Stoßsicherung und einer monometallischen Glucydurunruh ausgestattet und besitzt zusätzlich zur Schwanenhals-Feinregulierung auch noch Feinstregulierexzenter auf den Unruharmen. Die Reanimation hat durchaus Erfolg, da aber die Restbestände aufgebraucht sind, bleibt es vorläufig bei dieser einen Edition, bis dann im Jahr 1993 das 125. Firmenjubiläum ansteht.
Auf Initiative des Marketing- und Verkaufsdirektors Hannes Pantli, der zu diesem Anlass neben der prestigeträchtigen, auf 125 Exemplare limitierten großen Komplikation Il Destriero Scafusia auch ein dem normalen Uhrenliebhaber zugängliches Modell für strategisch sinnvoll hält, verhilft der damalige Chef der IWC, Günter Blümlein, der Portugieser zu ihrer dritten Geburtsstunde. Übrigens trägt sie nun auch erstmals offiziell den Namen Portugieser, zuvor ist sie einfach unter der Bezeichnung “große Armbanduhr” in den Geschäftsbüchern geführt worden. Optisch kopiert die Neuauflage das Original mit ihrer schlanken Silhouette, dem matt versilberten Zifferblatt, den arabischen Reliefzahlen und den schmalen, blattförmigen Zeigern perfekt, macht aber nun durch einen Glasboden das fein verzierte Taschenuhrwerk sichtbar, das bisher von einem Stahlboden verdeckt war. Die Gravur auf den dekorierten Brücken verweist auf das Jubiläum: “International Watch Co. 1868 – 1993.” Das in fünf Lagen einregulierte Werk mit Handaufzug firmiert hier als Cal. 9828. Ansonsten entspricht es dem bewährten Uhrwerk, konzipiert als Cal. 98, respektive 982 für die Sprungdeckeltaschenuhr. Die Limitierungsnummer der 1.000 Exemplare in Edelstahl, 500 in Rotgold und 250 in Platin wird seitlich ins schlanke Gehäuse eingraviert. Eine kleine Auflage von 125 Modellen erscheint als Dreierset. Uhrenfans sind begeistert von dieser klassischen Alltagsuhr aus Schaffhausen, und die Neuauflage erweist sich dieses Mal als alles andere als ein Ladenhüter. Vielmehr entspricht sie mit ihrem großzügig dimensionierten Auftritt dem Trend zu größer werdenden Armbanduhren und begründet eine neue Uhrenfamilie der IWC.“
(Quelle:
www.watchtime.de)
Das von mir so geschätzte Modell „Yacht Club“ präsentierte IWC erstmalig 1967 auf der Uhrenmesse in Basel als »Portugieser Yacht Club Automatic« – eine edle Herrenarmbanduhr, die für die Strapazen auf rauer See wie geschaffen war (die ersten Jahrgänge der Yacht Club I stehen heute hoch im Kurs). Ihr Werk war im Gehäuse federnd aufgehängt, auf Gummipuffern gelagert und damit doppelt stoßgesichert. Das Kaliber 8541 konnte so bei Schlageinwirkung ausweichen und auf diese Weise Stöße und Schläge neutralisieren. Die Stahlvariante war bis zu zehn Bar wasserdicht, die Variante im Goldgehäuse bis zu sechs Bar. Exklusivität, kombiniert mit Robustheit und Alltagstauglichkeit – kein Wunder, dass die »Yacht Club« zu einer der meistverkauften IWC-Uhren avancierte. Insofern reihe ich mich damit offensichtlich ein in eine große Zahl an IWC-Fans – und habe dennoch nicht das Gefühl, eine Uhr im „Mainstream“ zu tragen. Daher hoffe ich auch, dass diese Uhr bei mir eine deutlich längere "Halbwertzeit" als üblich hat!
Last but not least einige technische Details:
Gehäuse: Edelstahl, Durchmesser 43,5mm, Höhe 14,2mm, verschraubte Krone und wasserdicht bis 6 bar
Werk: Kaliber 89361 (Manufaktur), Automatikaufzug mit 68 Std. Gangreserve
Funktionen: Stoppfunktion (Stunde, Minute, Sekunde), kombiniert in einem Compteur bei 12 Uhr, Flyback-Funktion
So, ich hoffe, mein Bericht macht einigermaßen Spaß beim Lesen, wobei Claus die Messlatte mit der Vorstellung seiner Traum-Uhr in unerreichbare Höhe gelegt hat. Wenn der ein oder andere etwas dazu gelernt hat, freut mich das. Ansonsten einfach wegklicken und ignorieren…
Auch diese Uhr kann jeder Interessierte beim nächsten Stammtisch persönlich und gerne auch am eigenen Handgelenk inspizieren.
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