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Ich finde es schon hochgradig gefährlich, die Komplexität politischer Programme in 38 Fragen eines Wahl-O-mat pressen zu wollen.
Eine solche Vorgehensweise suggeriert politisch unbedarften Menschen, dass politische Willensbildung aus der Beantwortung einiger Multiple-Choice-Fragen besteht: Dafür/Dagegen/Neutral.

Man kann Menschen aber auch dadurch manipulieren, dass man ihnen eben nur bestimmte Fragen stellt und fest vordefinierte Antworten zulässt. So wie dies auch der Wahl-O-mat tut.

(Und bitte fragt mich jetzt nicht, welche Parteien mir der Wahl-O-mat ans Herz gelegt hat. Meine politischen Überzeugungen kenne ich selbst am besten und muss sie nicht erst über einen stupiden Fragebogen herausfinden. Gesellschaftliches und politisches Engagement fängt bei mir übrigens auch nicht auf der Bundes- oder Landesebene an, weil die Einflussmöglichkeiten des Einzelnen dort sehr begrenzt sind. Ich beteilige mich zuvorderst auf kommunaler Ebene, da kenne ich die Menschen, mit denen ich arbeite und für die ich mich einsetze (und die sich auch für mich und meine Belange einsetzen) wenigstens persönlich und kann mich wesentlich wirkungsvoller einbringen als auf Kreis-, Landes-, Bundes- oder gar Europaebene.)


@ Andi: Das sogen. Kanzler-Duell war m. E. mehr der zu erwartende Schlaf- als ein echter Schlagabtausch. Beide Kandidaten gaben sich vor allem während der ersten "Halbzeit" alle nur erdenkliche Mühe, sämtliche Fragen, die man ihnen stellte, möglichst NICHT zu beantworten, sondern Antworten auf Fragen zu geben, die keiner gestellt hatte. Merkel tat das mit der ihr eigenen Souveränität, mit der sie über den Dingen zu schweben scheint und backte mit viel heißer Luft eine Menge Allgemeinplätzchen. Steinbrück war zwar sehr angriffslustig, aber er war dennoch zu bemitleiden, so lässig ließ die Teflon-Kanzlerin ihn immer wieder ins Leere laufen, vor allem damit, dass sie ihn immer wieder an seine eigene politische Arbeit unter Gerhard Schröder und natürlich in der Großen Koalition erinnerte, mit der er weite Teile dessen, was er im Wahlkampf kritisiert, selbst initiiert oder zumindest mitgetragen hatte.

Eine Bemerkung fand ich allerdings Klasse. Anne Will sagte, dass es Merkels schärfste Waffe sei, einem Minister das "vollste Vertrauen" auszusprechen; keiner der so Geehrten habe dies bislang politisch überlebt. Frau Merkel habe jetzt die Gelegenheit, der FDP nochmal in drei Sätzen das vollste Vertrauen auszusprechen. Merkel eierte erst ein wenig herum und redete über "das Beste für das Land" und dass die schwarz-gelbe Koalition besser gewesen sei als die Große Koalition zuvor. Dann aber doch der entscheidende Satz: "Allervollstes Vertrauen, dass ich diese Koalition mit der FDP fortsetzen möchte." - Die Zeichen stehen also auf Sturm für Philipp Rösler & Co; alles spricht für eine Neuauflage von Schwarz-Rot.

Zitat von »der onkel«

Wer sein Kreuzchen am 22. strikt nach dem Wahlomaten macht, dem helfen auch keine Pillen mehr .

Wenn ich bei der Frage "Mehr Migranten in den öffentlichen Dienst?" mit "Nein" antworte, weil ich der Meinung bin, dass unabhängig von der Herkunft stets der passendste Bewerber die Stelle ausfüllen sollte und wir keine Quotenregelung brauchen, ist das bsp.-weise eine andere Meinung als wenn die NPD das Statement "Deutsche müssen immer bevorzugt werden, auch bei der Jobvergabe" vertritt. Im digitalen Wahlomaten läuft das hingegen auf das gleiche hinaus...

Ja, das gehört auch zur Krux der digitalen Meinungsmanipulation: Bei etwa deckungsgleichen Aussagen lassen sich die ihnen zugrundeliegenden Motivationslagen kaum qualifizieren. Im Wahl-O-mat geht Quantität vor Qualität.

Zitat von »der onkel«

Schade, dass die SPD eine Koalition mit den LINKEN von vornherein ausschließt.

Das ist doch nur folgerichtig: SPD und USPD/KPD/SED/Linke haben sich trotz oder gerade wegen ihrer gemeinsamen ideologischen Wurzeln schon immer sehr erbittert bekämpft.
Außerdem käme die SPD in einer Regierungskoalition mit der Linkespartei in die verzweifelte Lage, das lautstarke Wahlkampfgetöse von "sozialer Gerechtigkeit" in die Tat umsetzen zu müssen und damit ihre eigene Agenda 2010 ad absurdum zu führen. Ausgerechnet mit Peer Steinbrück, einem der Protagonisten der Agenda 2010, dürfte das wohl kaum zu machen sein, von der völligen Unfinanzierbarkeit der linken Wahlversprechen einmal ganz abgesehen.

Zitat von »der onkel«

Zum Abschied der FDP ein „Best of Fipsi & Friends“.
So fliegt man nach 64 Jahren aus dem Bundestag...
[...]

Die FDP ist Opfer ihres eigenen Opportunismus und ihrer völligen Prinzipienlosigkeit geworden. Die Bettelkampagne "Bitte leiht uns eure Zweitstimme" war schlichtweg jämmerlich und von keinerlei inhaltlichen Argumenten mehr flankiert. Mit 4,8 % waren die Ex-Liberalen doch noch richtig gut bedient.

Nun müssen also alle FDP-Leute ihre Sitze (und Büros) im Bundestag räumen.
Alle? - Nein, ein einzelner Liberaler widersteht mutig dem gelben Exodus.

Der letzte seiner Art: Ein einziger FDP-Politiker bleibt im Bundestag

Jetzt gibt's nach 2005-2009 weitere vier Jahre schwarz-rote Konsens-Soße á la Merkel, Reformstau, Stillstand auf allen Ebenen und jede Menge neuer Staatsschulden.

Man kann eine Menge gegen Gerhard Schröder sagen, aber er war der einzige Bundeskanzler nach Helmut Schmidt (der sich damals mit seinem Beharren auf dem NATO-Doppelbeschluss so unbeliebt gemacht hatte), der den Mumm hatte, unpopuläre, aber dringend notwendige Entscheidungen und Reformen anzupacken und auch durchzuziehen.