Technik innerhalb der Uhr

  • INHALT DER FAQ:

    Hier geht es um

    1. Uhrwerke, die in den SINN-Uhren bislang verwendet wurden

    2. Stoßsicherungen mechanischer Werke

    3. Magnetismus und Magnetfeldschutz

    4. AR-Option (Schutzgasbefüllung) und Trockenkapsel

    5. Minuten-Zeiger Einstellung

    6. Leuchtzeiger

    7. Lagersteine

    8. Antrieb


    Diese FAQ ist beileibe noch nicht vollständig und wird ständig erweitert.
    Auch wenn wir uns natürlich alle Mühe geben, nur technisch korrekte Informationen aufzunehmen, können wir aus wohl verständlichen Gründen keine Gewähr für die Fehlerfreiheit und Richtigkeit der hier vermittelten Informationen übernehmen. Zudem werden sämtliche Informationen lediglich für private Zwecke zur Verfügung gestellt; eine gewerbliche Nutzung ist ausdrücklich untersagt.


    1. UHRWERKE

    Die ETA-Uhrwerke im Überblick (Demontage und Remontage):

    hinzugefügt am 17.02.09


    Das Kaliber Valjoux 7750:

    Hier folgen die wichtigsten Informationen, die wir bisher im Forum zum Chronographen-Kaliber Valjoux 7750 gesammelt haben im Überblick.

    Falls jemand noch über Informationen verfügt, die an dieser Stelle nicht fehlen sollten, bitte eine PN an die Moderatoren oder den Admin, damit die Informationen hinzugefügt werden können. Vielen Dank. :)


    Das Valjoux 7750 ist das mit Abstand am meisten gebaute (und nachgebaute) mechanische Chronographen-Werk der Welt und wird auch in den allermeisten instrumentellen Chronographen der Firma SINN eingesetzt.


    Zitat

    Gesichter des 7750? Damit sind die Zifferblätter gemeint, unter denen ein 7750 tickt. Und zwar deren Aufteilung. Ich habe 32 mögliche Kombinationen gefunden, die bereits realisiert wurden. Wenn ihr noch andere kennt, her damit!




    Letzte Aktualisierung: 27.09.2010


    [quote='''']Für alle die wissen wollen wie so eine ETA/Valjoux 7750 "Von innen" aussieht:


    Hier gibt's das Original bzw. auch alle anderen Datenblätter zum Download:

    https://secure.eta.ch/CSP/DesktopDef…ndex=3&tabid=28


    [quote='''']Und wer mal "live" sehen möchte, wie man so ein 7750-Werk nach der Revision wieder zusammenbaut, kann sich mal dieses Video anschauen:


    Ich möchte mal das Thema "Ganggenauigkeit" aufnehmen. Ich gehöre zu den "Sekundenfuchsern" (JA,JA ich weiß!) und akzeptiere die ungenaue Regelage (seit Helmut Sinn nicht mehr in der Fa. ist) auch nicht. Hier nun mein Tip: Das 7750 könnt Ihr auf folgende Weise selbst regulieren (hat bei allen 356 von mir sehr gut funktioniert):


    Wenn Ihr die Feineinstellung (1) verschiebt, ergibt sich pro Einkerbung ein Vor/Nachgang (je nach Richtung) von ca. 1,5 Sekunden in 24 Std.
    Sollte dies nicht ausreichend sein, oder Ihr wollt die Feineinstellung nicht bis zum Anschlag "ausreizen", so könnt Ihr den Hebel 2 mit viel Fingerspitzengefühl entweder nach unten (Nachgang - ) oder nach oben verschieben (Vorgang+). Aber Achtung: 1/10mm verschieben hat ca. 5 Sekunden/24Std. zur Folge.
    Ich selbst reguliere zu erst grob und dann an der Feinregulierung. Auf diese Weise habe ich Gangwerte an allen 356 ohne Chronometer-Zeugnis von 0 bis +2 Sekunden/24 Std. und an Chronometer von 0 bis + 0,5 Sekunden/24 Std. erreicht.
    Viel Glück!


    Ach so: Bevor jetzt jemand auf den Gedanken kommt, daß die Wasserdichtigkeit der Uhr nicht mehr gegeben ist, wenn man sie öffnet,
    kann ich euch beruhigen. Bei der Verwendung eines vernünftigen Gehäuseöffners (kein Ebay-China-Billigwerkzeug) hatte ich bei einer Überprüfung nach der Aktion beim Uhrmacher nie Probleme; bei den neuen grünen Dichtungen (Viton glaube ich) sowieso nicht.



    Zitat


    ich habe mit meiner 144 folgendes Problem, die Stoppstundenanzeige läuft immer,......läßt sich mit der Nullstellung auch wieder zurücksetzen, läuft dann aber wieder los,........fällt besonders nach ein paar Stunden extrem auf.
    (die Stoppzeiger stehen alle auf Null, nur die Stunde läuft :cry: )

    Kennt jemand vielleicht dieses Problem mit dem Valjoux 7750 ?


    [quote='''']http://watchscape.tempusvivendi.com.br/index.htm


    ...darunter dann hier das Valjoux7750:


    http://watchscape.tempusvivendi.com.br/valjoux7750.htm

    6 Mal editiert, zuletzt von Chronometres (28. September 2010 um 01:00)

  • Das Kaliber Lemania 5100:

    Hier folgen die wichtigsten Informationen im Überblick, die wir bisher im Forum zum Chronographen-Kaliber Lemania 5100 gesammelt haben.

    Falls jemand noch über Informationen verfügt, die an dieser Stelle nicht fehlen sollten, bitte eine PN an die Moderatoren oder den Admin, damit die Informationen hinzugefügt werden können. Vielen Dank. :)

    Das Lemania 5100 ist bzw. war das einzige jemals von SINN eingesetzte mechanische Chronographen-Werk, das den strengen militärischen Spezifikationen entspricht.


    Zitat von Robert



    Zu Lemania Watch Co.:

    Die Schweizer Uhren- und Uhrwerkefabrik Lemania wurde 1884 von Alfred Lugrin (1858-1920) gegründet, der seine Fachkenntnisse als Hilfsarbeiter bei Jaeger-LeCoultre in Le Sentier erworben hatte. Wegen der überragenden Qualität seiner Uhrwerke erhielt Lugrin hohe Auszeichnungen und Goldmedaillen bei Ausstellungen 1906 in Mailand und 1914 in Bern. Er hatte sich von Anfang an auf die Fertigung von Chronographen, Stoppuhren und Repetitionsuhren spezialisiert.

    Bis zum Jahr 1930 firmierte die Fabrik unter Lugrin S.A., bis Lugrins Schwiegersohn Marius Meylan den Markennamen Lemania Watch Co. mit Sitz in l'Orient etablierte. 1932 schlossen sich Lemania, Omega und Tissot zur SSIH-Gruppe zusammen. Durch die enge Zusammenarbeit mit Omega entstanden großartige Chronographen Kaliber.

    Berühmt wurde das Lemania Kaliber 1873 (Omega Kaliber 861) mit der Omega Speedmaster, die 1962 von der NASA für bemannte Raumflüge qualifiziert wurde und am 21. Juli 1969 Edwin Eugene "Buzz" Aldrin bei seinen ersten Schritten auf dem Mond begleitete (Neil Armstrong war zwar der erste Mann auf dem Mond, aber er war ohne seine Dienstuhr aus der Kapsel gestiegen). Mit dem Aufkommen von elektronischen Uhren in den 1970er Jahren, brachen die Umsätze mit mechanischen Uhren der SSIH-Gruppe massiv ein. 1980 erteilten die Gläubiger-Banken Nicolas Hayek den Auftrag, die Gruppe zu restrukturieren. Im Zuge eines Management-Buy-outs trennte sich Lemania 1981 von der SSIH-Gruppe und änderte seinen Namen in Nouvelle Lemania. 1992 kam die Nouvelle Lemania zur Groupe Horloger Breguet und wurde im Jahr 1999 von der Swatch Group übernommen. Die Lemania-Kaliber werden noch heute in Uhren zahlreicher namhafter Marken verwendet.


    Links:


    http://www.boley.de/pbilder/explosion/lemania%5Cl5100.pdf

    http://watchscape.tempusvivendi.com.br/lemania5100p1.htm

    http://www.chronometrie.com/chronomovs/cm03.html

    http://home.xnet.com/~cmaddox/nouvelle_lemania_5100.html

    http://www.lesmala.net/jean-michel/lemania/index3.htm

    http://coldhoon.egloos.com/790618

    Die Firma Lemania


    Zitat von Admin_Shorty

    Lemania 5100 movement family...

    Chuck Maddox über das Lemania 5100

  • Die Kaliber Eta 2824-2 & 2893-2:

    Technische Dokumente:

    https://secure.eta.ch/CSP/DesktopDef…ndex=3&tabid=28

    Zitat von Robert


    Zitat von HappyDay989


    Technische Datenblätter mit Explosionszeichnungen, genauen Teilelisten usw. finden sich bei ETA (oben im Seiten-Menü auf den Punkt "Technische Dokumente" klicken). Das 2824 bzw. 2836 findet sich unter "Mecaline", das 2892, 2893 und die 7750-Familie unter "Mecaline Spécialités".

    Und eine recht gute Übersicht über Ebauches und ihre Hersteller findet man bei Stetefeld.


    - Austauschwerke für Armbanduhren:

    http://www.oblibene.biz/userdata/shopi…nik_057_094.pdf

  • Das Kaliber Valjoux 23:

    1914 verlangten die in den 1. Weltkrieg involvierten Militärs zuverlässige Armband Chronographen. Nun mussten selbst eidgenössische Mechanik-Spezialisten passen. Hinreichend kleine, bewährte Kaliber standen kaum zur Verfügung. Aber natürlich ließen sich die einschlägig erfahrenen Rohwerkehersteller nicht lange bitten und auch Valjoux machte sich ans Werk. 1916 war das 13-linige Chronographen- Kaliber 23 (Durchmesser 29,33 Millimeter, Höhe 5,85 Millimeter) zur Serienreife gediehen, welches schon bald in den Armbanduhren sehr unterschiedlicher Hersteller tickte. Und das für lange Zeit. Knapp sechzig Jahre währte die Produktion und bis 1974 entstanden gut 125.000 Rohwerke dieses Typs.
    Diese Zahl mag auf den ersten Blick recht groß erscheinen - gemessen an der langen Fertigungsdauer ist sie jedoch immens klein. Die herausragende Qualität, die natürlich relativ hohe Abgabepreise und damit kleine Stückzahlen nach sich zog, ergibt sich aus der Tatsache, dass nahezu alle renommierten Uhrenmanufakturen (z.B. Audemars Piguet, Patek Philippe, Rolex, Vacheron Constantin) das klassische Kaliber Valjoux 23 in ihren Chronographen verwendeten. Bei ihm erfolgt die Steuerung der drei Funktionen Start, Stopp und Nullstellung über ein drehbar gelagertes Schaltrad. Spezialisten erkennen die hochwertigen Valjoux- Kaliber übrigens nicht nur am typischen Bild der verschiedenen Hebel, Wippen, Federn und Räder, sondern auch am Schaltrad selbst. Es besitzt gleich neun Säulen und damit mehr als vergleichbare Mitbewerber Produkte.
    Dem Chronographen fehlten jedoch kalendarische Indikationen. Die Techniker konnten auf Bewährtes zurückgreifen, nämlich das Valjoux 72 VZH - eine 1938 lancierte Weiterentwicklung des legendären Kalibers 23. Der wesentliche Unterschied bestand in einem zusätzlichen 12-Stunden-Zähler für längere Zeitnahmeintervalle. Der zugehörige Mechanismus befand sich unter dem Zifferblatt und bot genügend Platz für die Addition eines einfachen Vollkalendariums. Gesagt, getan: 1946 wartete Valjoux mit dem neuen, ebenfalls 6,95 mm hohen Kaliber 72C auf, bei dem sich Wochentag und Monat durch kleine Zifferblattausschnitte ablesen lassen. Auf das Datum weist die Spitze eines zentral angeordneten Zeigers. Er verlangt in allen Monaten mit weniger als 31 Tagen eine Korrektur. Die Monatsanzeige muss immer von weitergeschaltet werden.
    Der bot genügend Platz für die Addition eines einfachen Vollkalendariums. Gesagt, getan: 1946 wartete Valjoux mit dem neuen, ebenfalls 6,95 mm hohen Kaliber 72C auf, bei dem sich Wochentag und Monat durch kleine Zifferblattausschnitte ablesen lassen. Auf das Datum weist die Spitze eines zentral angeordneten Zeigers. Er verlangt in allen Monaten mit weniger als 31 Tagen eine Korrektur. Die Monatsanzeige muss immer von weitergeschaltet werden. Der Chronographen- Mechanismus weist das Kaliber 72C als typisches Valjoux-Produkt aus. Die Verbindung zwischen Uhr und Schaltwerk stellt eine horizontale Räderkupplung her. Die Steuerung der Funktionen übernimmt das bekannte Schaltrad mit neun Säulen. Gefertigt wurden das Kaliber 72 und dessen Derivate bis 1974.
    Es gab aber auch Geschäftspartner, welche ihrer Klientel auch preisgünstigere Chronographen anbieten wollten. Die Antwort kam 1946 und hieß 77 ECO. Bei diesem 13-linigen Schaltrad-Kaliber hatten die Uhrmacher die übliche Kupplung durch einen so genannten Schwingtrieb ersetzt. Im 1967 vorgestellten, bis 1973 produzierten Kaliber 7730 ersetzte eine intelligent geformte Schaltkulisse das aufwändige Säulenrad. Dafür besaß es die übliche Räderkupplung. Hiervon leitete Valjoux die 1969 vorgestellte Kaliberfamilie 7733 ab. Das Basiswerk verfügte über 30- oder 45-Minuten-Zähler. Beim 7734 kam eine Datumindikation hinzu, beim 7736 (Durchmesser 31,0 mm und Höhe 7,4 mm) ein 12-Stunden-Zähler. 1978 stellte Valjoux die Produktion dieser Handaufzugwerke ein. Das Automatik-Kaliber 7750 hatte ihnen den Rang abgelaufen. 1974 endete ein bedeutendes Kapitel eidgenössischer Chronographen- Geschichte.

  • 2. Stoßsicherungen mechanischer Werke


    Zitat von eosfan


    Zitat von Chronometres

    Dank "eosfan" findest du beim ersten Link bereits zwei meiner Quellen mit ISBN-Nr. "Das große Uhrenlexikon" und "Breguet: Meisterwerke klassischer Uhrmacherkunst".

  • 3. Magnetismus und Magnetfeldschutz

    Zitat von Marcello

    Wie gefährlich sind eigentlich Magneten, die einer Armbanduhr zu nahe kommen? Ich habe einen Blackberry, welchen man bei Nichtbenutzung in ein Case einschiebt, welches mit einem starken Magneten versehen ist. Beim Einschieben in dieses Case schaltet sich der Blackberry durch das Näherkommen an den integrierten Magneten aus und bei Wiederentnahme automatisch wieder an. Sehr praktisch. Allerdings mache ich mir Sorgen, was wohl passiert, wenn ich mit meiner (nicht magnetfeldgeschützten) Sinn diesem Magneten zu nahe komme?

    Wie gefährlich ist der Magnetismus für meine Sinn (und auch für meine anderen Uhren)?




    Zitat von Crusader

    Ohne zu tief in die Ingenieurs-Materie eindringen zu können, aber z.B. vor Whiteboard-Magneten und magnetischen Türschließanlagen wird im Zusammenhang mit Uhren immer wieder gewarnt. Nur mal so als anekdotischer Beitrag.

    Wir leben in einem elektronischen und magnetischen Zeitalter ... das Problem sind wahrscheinlich nicht die Probleme, die man erkennt, sondern die, die man nicht erkennt.

    Sinn hat mal eine Stichprobe von 1000 Uhren im Service auf magnetische Belastung untersucht, und IIRC hatten 50% der Uhren eine magnetisierungsbedingte Gangabweichung. Außer den Sinn-Uhren mit antimagnetischem Innengehäuse natürlich. :D

    Persönlich halte ich Magnetfeldschutz für ein alltagstaugliches Feature ähnlich wie Wasserdichtigkeit. 8)


    Zitat von Mauduru

    Unterschätzt mir die Stärke von "Haushaltsmagneten" nicht. Wir haben auf der Arbeit mal ein Muster-Namensschilder (für ans Hemd zu machen) bestellt, da waren auch welche mit Magnet dabei und da wurde davor gewarnt, diese als Herzschrittmacher-Träger zu benutzen! Solche Teile haben wahrscheinlich stärkere Auswirkungen auf eine Mechanikuhr als eine Hochspannungsleitung, die sich in 20 m Höhe befindet. Denn:


    Zitat von Crusader

    So kenne ich das auch. Gerade Whiteboardmagneten und eletronische Türverschlüsse sind beträchtliche Risokofaktoren.


    ---------------------------------------------------------------------



    Zitat von HappyDay989

    Ich versuche jetzt mal, meine verstaubten Kenntnisse aus dem Physikunterricht wieder auszugraben und hoffe, daß ich mich bei den folgenden Zeilen nicht zum "Vollpfosten des Monats" mache. ;)

    Wenn ich mich recht erinnere, dann ist es die Kompaßnadel, die magnetisch ist. Die Uhrengehäuse bestehen aus einer ferrithaltiger* Metallegierung (316 L oder 904 L) und beeinflußen durch ihren Eisengehalt das Magnetfeld der Kompaßnadel.

    Bei der U-Serie bestehen die Gehäuse aus praktisch ferritfreiem* U-Boot-Stahl, daher wird selbst das äußerst empfindliche Magnetfeld einer Kompaßnadel nicht merklich beeinflußt. Genau dieses amagnetische Verhalten des U-Boot-Stahls ist es, was U-Boote aus solchem Stahl praktisch nicht mehr ortbar macht, wenn sich die Boote erst einmal unter der Wasseroberfläche befinden.

    Mit einer Magnetisierung des Uhrwerks (genauer: der Feder) hat das m. W. alles nichts zu tun. Eine Magnetisierung der Feder wird auf jeden Fall das Gangverhalten der Uhr beeinflußen, und zwar deutlich messbar.

    ---
    * Ferrit = eisenhaltiges Metall



    Zitat von gerry56

    Genau da liegt das Mißverständnis.

    "Antimagnetisch" bedeutet im Zusammenhang mit mechanischen Kleinuhren nicht etwa, das sie von Magneten nicht angezogen werden können, sondern dass sich ihr Gangverhalten unter dem Einfluss einer definierten maximalen Magnetfeldstärker noch innerhalb einer bestimmten Range bewegt. Das Ganze ist in der DIN 8309 festgehalten.

    Konkret bedeutet das , dass eine Uhr nach einem Magnetfeldeinfluss von 4.800A/m keine größere Gangabweichung als +-30 Sekunden/Tag haben darf. Unter dem Einfluss dieser Stärke darf sie auch nicht stehen bleiben.

    Beim Begriff "Antimagnetisch" geht es also um Toleranzen bzw. Grenzwerte im Hinblick auf das Gangverhalten von Uhren unter dem Einfluss von Magnetfeldern.

    Der erhöhte Magnetfeldschutz, wie er von Sinn in bestimmten Modellen zum Einsatz kommt, besagt nichts anderes, als dass die Uhr eine Abschirmung gegen stärkere Magnetfelder erhalten hat - nämlich 80.000A/m.


  • AR-Option (Schutzgasbefüllung) und Trockenkapsel

    Zitat von bungy3000

    Manche Modelle werden serienmäßig mit Argon gefüllt, bei anderen wird es von Sinn als Option angeboten. Sind zur Befüllung der Uhr mit Argon am Gehäuse Modifikationen vorzunehmen oder kann jede Uhr mit AR gefüllt werden?

    Zitat von TM

    Allerdings haben wohl alle Argon-gefüllten Uhren auch die Trockenkapsel; andere Uhren hingegen kommen alleine mit der Kapsel aus, ohne Argon. Alles klar :wink:

    Zitat von ICEMAN

    In der Kapsel befinden sich Kupfersulfat in kristalliener Form.
    Die Uhren können zusätzlich mit Ar gefüllt sein (siehe z. B. U2) oder auch nicht.Siehe (z. B 900)

    Zitat von Robert


    - die Viton- Dichtung hat im Zusammenhang mit dem Argon oder der Kapsel nichts zu tun. Sie wird bei jedem Modell von Sinn eingebaut, wie z. B. selbst bei der 103 Sa.

    - das Argon ist meist eine zusätzliche Option zur Trockenhaltetechnik, entweder gegen Aufpreis oder serienmäßig zu manchen Modellen beinhaltet.
    Das heißt, dass wie z.B. bei der 142Ti eine Schlitzschraube die Öffnung für die Trockenkapsel verschließt. Beim Nachrüsten wird dann auf Kundenwunsch diese Schlitzschraube entfernt, die Uhr mit Argon gefüllt und mit der Trockenkapsel verschlossen. ABER!: Nur mit Verbindung eines neuen Ziffernblattes mit der Aufschrift "Ar", dass dann darauf hinweist. (Werk raus, ZB und Zeiger neu setzen= Mehrpreis).

    - es gibt auch Sinn- Uhren ohne Argonfüllung, aber mit Trockenkapsel

    - Nicht jede Uhr kann mit AR gefüllt werden: Mir wurde berichtet, dass nachträgliche Bohrungen und Arbeiten an Gehäusen für herkömmliche Modelle zur Aufrüstung mal gemacht wurden, aber der hohe Aufwand mit den nicht gerade guten Erfahrungen dazu führten, dies nicht mehr durchzuführen.

    ____________________________
    4.12.09

    Befüllung mit Schutzgas:
    Die ganze Uhr wird mit der Öffnung nach oben in die Befüllanlage gebracht. Die Luft wird abgesaugt, das Gas wird eingeblasen, der Deckel wird geöffnet (das Gas ist schwerer als Luft) und die Öffnung der Kupfersulfatkapsel in der Uhr wird verschlossen.

    Zitat von Chronometres

    Wie das bei der U2 funktioniert?

    Zitat von Spencer


    Ich habe mal bei Sinn nachgefragt:
    "Das Modell U2 hat bei 6 Uhr eine Verschraubung, über die die Uhr mit Schutzgas gefüllt wird."

    Alle Uhren mit Trockenkapsel lassen sich , auch nachträglich, mit Schutzgas befüllen. Vorher muss allerdings eine Regelage erfolgen, denn das Schutzgas ist schwerer als Luft und bietet dem Werk, bzw. vor allem der Unruh, höheren Wiederstand. Der Gang der Uhr muss auf ca. 8-10 Sekunden /24h Vorgang eingeruliert werden, dann geht die Uhr nach Gasbefüllung in etwa genau (laut Aussage Sinn Depot).

    Übrigens:

    Zitat von selespeed


    Ich frage mich immer, ob das Argon auch wirklich drin bleibt... 8|
    Wasserdicht heisst noch lange nicht gasdicht :pinch:

    Zitat von Spencer


    Da die Uhren eine recht hohe Druckfestigkeit aufweisen (10-200 bar) und auch allesamt unterdrucksicher sind müsste das Gas schon von alleine einen enorm hohen Druck aufbauen um nach außen zu entweichen. Das Gas bleibt also drin, keine Sorge! :)

    08.12.09

    Verwendetes Schutzgas
    Die Technik der Schutzgasbefüllung (AR-Option) wurde seit seiner Einführung kontinuierlich weiterentwickelt. Anfangs verwendete man Argon, später wurde eine Gasmischung eingesetzt. Mittlerweile wird reiner Stickstoff verwendet, da es sich als noch vorteilhafter erwiesen habe. So könne jetzt einige Depots (bei SINN kann angefragt werden, welche das sind) ebenfalls Schutzgasbefüllungen vornehmen; damit entfällt der Zwang, ein Uhr mit AR-Option zum Hersteller zurücksenden zu müssen, weil nur der das Schutzgas auffüllen konnte.

    Und so sieht ein solches Schutzgasbefüllungsgerät aus:

    (Beide Fotos zeigen das Gerät vor dem Einbau, also noch ohne die angeschlossene Schutzgasflasche)

  • 5. Genaue Einstellung des Minutenzeigers


    Ich möchte meinen ersten Beitrag als frisch gebackener Moderator mit einem Phänomen beginnen, dass ihr sicher viele von euch schon mal an der eigenen Uhr beobachten konntet: Das vermeintliche Eigenleben des Minutenzeigers.
    Wenn man zum Einstellen der Uhr die Krone zieht und den Sekundenzeiger auf Pos. 60 anhält um dann den Minutenzeiger exakt auf der Markierung des Zifferblattes zu positionieren, passiert es schon mal, dass dieser sich nach einigen Minuten irgendwo zwischen den Markierungen befindet, obwohl der Sekundenzeiger exakt auf der 60 positioniert ist. Dies geschieht häufig beim 7750, selten beim 2824-2. Da ich ja nun zu den Querulanten (Lupenträger mit Genauigkeitstick) gehöre, habe ich dies immer als enorm nervend empfunden. Falls es unter euch ebenfalls jemanden gibt, den das stört, hier ist die Lösung:

    Diese "Ungenauigkeit" resultiert daraus, dass sich diese Zeiger (im Gegensatz zum Sekundenzeiger) mit Hilfe der Stellräder, welche die Verbindung zur Aufzugswelle herstellen, verstellen lassen. Klingt im ersten Moment dämlich, ist aber tatsächlich die Ursache, da der Minutenzeiger auf einem Viertelrohr (Minutenrohr) sitzt. Dieses Minutenrohr ist auf der Welle des Minutenrades drehbar, damit man die Uhr einstellen kann. Die Stell-Räder haben im Vergleich zum restlichen Räderwerk eine recht grobe Verzahnung, dadurch ist die Zahnluft (das Spiel zwischen den einzelnen Zahnrädern) entsprechend gross und es entsteht eine "verspätete" Mitnahme nach dem Hereindrücken der Krone.

    Wie kann man dem entgegen Wirken? Dies gelingt mit viel Fingerspitzengefühl, in dem man den Minutenzeiger auf ca. 20 Sekunden vorstellt (Erfahrungswert beim 7750), während der Sekundenzeiger genau auf der 60 ist. Nach ein paar Minuten laufen nun der Minuten- und der Sekundenzeiger syncron auf den Markierungen des Zifferblattes.
    Sollte dies nur in Teilen geschehen (z.B. der Sekundenzeiger ist um 18.00h genau auf der 60 und der Minutenzeiger ebenfalls genau auf der 12, um 18.20 ist der ist der Sekundenzeiger auf der 60 und der Minutenzeiger nicht genau auf der Markierung), so ist das Zifferblatt in der Mittelbohrung für die Zentralzeiger nicht exakt zentrisch gebohrt. Dann nutzt auch kein Fingerspitzengefühl! Ist mir aber bei Sinn-Uhren (Dank der hier herrschenden guten Qualität) noch nie passiert.

    Gruß Gero

  • 6. Leuchtzeiger

    Den ersten Einsatz an Uhren von Zinksulfid, welches mit Radium angereichert war und daher ständig leuchtete, war die Idee von Ernest Lipmann (LIP Uhrenfabrik in Besancon). Das war um 1902 (Die LIP-Uhr wurde durch ihr Design in den 70ern bekannt -Plastikuhr mit kugelförmigen Drückern-).
    Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Radium durch Tritium ersetzt. Tritium ist die überschwere, sehr schwach radioaktive Form des Wasserstoffs. Wenn es zu Helium zerfällt, emittiert Tritium keine Gammastrahlen, sondern lediglich Elektronen geringer Energie. Zinksulfidpulver mit tritiumhaltigem Polystyrol-Lack gemischt war bis zu dem "Verbot für radioaktive Leuchtmittel für nicht-militärische Anwendungen" in vielen Ländern der verwendete Leuchtstoff für Zeiger und Zifferblätter. Die amerikanischen "Traser" Uhren verwenden in der heutigen Zeit eine Tritium Gaslichtquelle. Diese Technik beruht auf Glasröhrchen, deren Innenfläche mit kobalt- oder kupferdotiertem Zinksulfid beschichtet ist und mit tritiumhaltigen Gas gefüllt sind. Sie geben ein hundertmal stärkeres Licht ab, als gewöhnliche Leuchtstoffe und fallen nicht unter das o. a. Verbot.

    Superluminova wurde in den 60ern, im Zuge der Leuchtstoff-Forschung für Bildschirmröhren, entdeckt. Es handelte sich um das mit Spuren des Seltenerdmetalls Europium dotierte Strontiumaluminat, welches man zusätzlich mit Dysprosium dotierte. Es handelt sich salopp ausgedrückt um ein Energie (in Form von Licht)- Speichermetall, welches "aufgenommenes" Sonnenlicht (heute auch Kunstlicht) langsam wieder abgibt.
    Strontiumaluminat-Leuchtpigmente wurden ursprünglich von der Schweizer Firma RC Tritec AG unter dem Namen "SuperLite" hergestellt und erstmals 1993 in Swatch-Uhren eingesetzt. 1994 wurde erstmals von Seiko "Lumibrite" (Patent von Nemoto), ein Nachfolgeprodukt des in Japan verbreiteten Leuchtmittels Promethium 147 (Tritium wurde in Japan nicht sehr geschätzt, da es der Zünder für Wasserstoffbomben ist und diese für den Tod vieler japanischer Fischer im Rahmen der amerikanischen Tests im Pazifik verantwortlich ist).

    Aus "SuperLite" und "Lumibrit" wurde 1998 durch den Zusammenschluss von Tritec und Nemoto zur Lumi-Nova AG das Produkt "Super-Luminova".
    welches bis zum heutigen Tage so weit verbessert wurde, dass es auch von Kunstlicht anstatt Sonnenlicht aufgeladen wird, die Farbe des emittierten Lichts kann grünlich oder bläulich sein und die Farben des Leuchtstoffes können seit 2007 von Weiß über den ganzen Regenbogen bis Schwarz (z.B. bei Hublot Big Bang All Black) gewählt werden.

    Lt. ISO-Norm wird für Zifferblätter eine Lichtstärke von 36 nCd (Nanocandela pro Quadratmillimeter) und für Zeiger 10 nCd gefordert.
    Ein mit Sonnenlicht aufgeladenes Superluminova ist Anfangs heller als Tritium und sinkt innerhalb von 2 Stunden auf Tritium-Intensität und nach weiteren 6 Stunden auf 7 nCd (sichtbare Grenze für das menschliche Auge: 3,2 nCd). Diese Werte werden jedoch bei Uhren nicht so umgesetzt,
    da hier die Schichtdicke und beschichtete Fläche je nach Hersteller variiert.
    Dies erklärt auch die unterschiedlichen Nachleucht-Eigenschaften der verschiedenen Uhrenmodelle.

    Dies alles lässt sich im Internet (Stichworte Tritec und Nemoto usw.) sowie in Chronos Sonderausgabe Sportuhren 2007 nachlesen. Da nicht jeder über diese Quelle verfügt, habe ich etwas ausführlicher geantwortet.


    __________________________________________________________________________________
    Ausführliche Erweiterung zu Leuchtmassen

    Gruß Gero

  • 7. Lagersteine

    Was haben Lagersteine mit der Qualität eines Werkes zu tun?
    Diese Frage stellt sich natürlich in dem Moment, wo aus dem Reich der Mitte Kaliber mit inflationärer Steinanzahl auf den Markt geworfen werden.

    Viele Lagersteine = besonders gutes Werk?

    Auch hier gilt: Klasse statt Masse!

    Aber ich beginne mal am Anfang: ca. um 1700 erkannte man den Nutzen des von Nicolas Fatio de Duillier entwickelten Verfahrens zum Bohren von Löchern in Edelsteinen. Damals drehten sich die Zapfen der Wellen noch in Löchern des Materials der Platinen, Brücken und Kloben. Druck und Geschwindigkeit führten in diesen Bereichen zu erheblichen Abnutzungserscheinungen und Reibungsverlusten.
    1704 wurde in London ein Patent auf Lager aus gelochten Rubinen erteilt.
    Diese Lagersteine vermochten Reibung und Abnutzung entscheidend zu senken und verschafften den englischen Uhren einen erheblichen Vorsprung. Zu dieser Zeit war die Steinanzahl ein absolutes Qualitätsmerkmal und Verkaufsargument.

    Die heutigen Lagersteine haben nichts mehr mit diesen gemeinsam. Die heutigen Steine werden nicht nur einfach mit Löchern versehen, sondern auch mit Ölsenkungen, welche die Schmierstoffe aufnehmen. Dabei spielt die Größe und das Profil der Steine eine entscheidende Rolle, da die optimale Menge an Öl aufgenommen und gehalten werden muß. Die Löcher werden bei hoher Qualität auch nicht einfach zylindrisch gebohrt, sondern oliviert. Dies bedeutet eine Bohrung, die zum Zapfen hin gewölbt ist, um den Reibungsverlust zu minimieren. Im Gegenzug erhalten die Zapfen eine Arrondierung. D.h. sie werden nicht nur auf ihren Laufflächen, sondern auch noch an ihren Stirnflächen poliert. Diese Maßnahme verringert die Reibung bei flacher Position der Uhr.
    Bei sehr teuren Werken werden manche Steine nicht einfach in die Platine gepreßt, sondern chatoniert. Die Steine werden also eingefaßt und dann mit der Fassung in die Platine gesteckt und mit Schrauben gesichert. Die Qualitätsverbesserung solcher Chatons ist in der heutigen Zeit umstritten, da die Positionierung mit Hilfe von Computertechnik auf ein tausendstel Millimeter genau erfolgen kann. Der Vorteil liegt vielmehr in dem Austausch der Steine. Ein chatonierter Stein ist leichter zu tauschen.

    Aber kommen wir nun zur Anzahl:
    Ein normales Handaufzugswerk kommt im Prinzip mit 15 Steinen aus. Dies sind 2 Palettensteine für den Anker, 1 Hebelstein für die auf der Unruhwelle sitzende Hebelscheibe, 2 Lager- und 2 Decksteine für die Unruhwelle, 2 Lagersteine für die Ankerwelle sowie je 2 Lagersteine für die Wellen des Anker-, Sekunden- und Kleinbodenrades.
    Beim 16steinigen Werk ist das Minutenrad oben (sichtbar) steingelagert.
    Das 17steinige Werk besitzt auch unter dem Zifferblatt ein Steinlager fürs Minutenrad. Beim 21steinigen Werk ist noch das Ankerrad in beiden Lagern und das Ankerlager mit Decksteinen versehen. Wenn die Zapfen der Federhauswelle mit Steinen versehen werden, haben wir derer 23.
    Zusatzwerke und Komplikationen verlangen konstruktionsbedingt nach weiteren Steinen.

    Zusammenhang zwischen Anzahl der Steine und Qualität des Werkes:
    Die Menge der Steine allein ist somit kein alleiniges Kriterium für die Qualität eines Kalibers. Allerdings sind die Kaliber eines Herstellers, der alle Komponenten unter den gleichen Qualitätsmaßstäben herstellt, schon anhand der Steinanzahl in der Wertigkeit zu vergleichen.
    Hierzu ein Beispiel: Ein ETA-Werk mit 21 Steinen kann schon mit einem ETA-Werk einer Kaliberfamilie mit 25 Steinen verglichen werden, nicht aber mit einem China-Werk mit 35 Steinen (zumindest nicht aufgrund der Steinanzahl).

    Den Rekord an Steinen für Handaufzugswerke ohne zusätzliche Komplikationen (außer Datum) hält meines Wissens nach z.Zt. die Lange 1 von A. Lange & Söhne mit 53 Steinen (wer Interesse an dem Lageplan hat, PN an Mich mit der Email-Adresse). Bei der Verarbeitung dieser Werkteile ist schon eine Qualitätsaussage möglich.

    Reduzierung der Steinanzahl:
    Die Anzahl der Steine nimmt mit seit den siebziger Jahren bei vielen Kaliberfamilien seltsamerweise ab. Der Grund liegt nicht allein in der Konstruktion und der verwendeten Materialien, sondern in erster Lienie in dem fortschreitenden Übersee-Handel mit den USA. Die Steinanzahl bestimmt u.a. die Höhe des Einfuhrzolles für Uhren, Uhrwerke und Uhrwerksteile.

    Resümee:
    Wenn jemand in der heutigen Zeit die Aussage "viele Steine = hohe Qualität" trifft, so stimmt dies nicht mehr.

    Gruß Gero

  • 8. Antrieb

    Den Fragen der Mitglieder unseres Forums in den unterschiedlichen Threads entnehme ich, dass noch immer viel Unklarheit über die Zusammenhänge im Antrieb einer mechanischen Armbanduhr herrscht.
    Ich möchte mit der nachfolgenden Schilderung und Begriffserklärungen versuchen, ein wenig Licht ins Dunkel der Steinlager-Hemmungswerke zu bringen.

    Ich beginne mal mit der Kraftquelle unserer Uhren: Der Feder.
    *
    Die Feder des 7750 ist ausgerollt 61,5 cm lang und hat am Ende eine sog. Schleppfeder, die als Rutschkupplung beim voll aufgezogenen Werk dient. Die Feder ist der Energielieferant unserer Mechanikuhren. Eine Quachz-Uhr hat dazu eine Batterie, die im leeren Zustand nur noch dazu dient, uns unsere Abhängigkeit von ihr zu demonstrieren.
    In diversen Uhrmacher-Lehrbüchern wird die Feder als "Biegefeder, deren Federenergie auf einen langen Federweg verteilt wird" definiert.
    Nun ist ja auch Laien klar, dass eine Feder nur die Kraft wiedergeben kann, die man ihr zuführt. Die Uhrfeder darf man sich dabei nicht wie ein Gummiband vorstellen, welches man in die Länge ziehen kann und das, wieder losgelassen, sich entspannt und schlaff herunter hängt. Auch die Feder einer abgelaufenen Uhr verfügt noch über eine beträchtliche Restspannung und würde sich noch ein ganzes Stück ausdehnen, wenn sie nicht in einem Federhaus eingespannt wäre:
    *
    Zugfedern sind extrem hart und damit auch sehr spröde. Früher gehörten gebrochene Zugfedern zu den häufigsten Ursachen für defekte Werke. Heute ist dies bei den modernen Materialien kein Thema mehr. Auch der weit verbreitete Irrtum eine Uhr mit Handaufzug überdrehen zu können, ist damit passe´, da dies selbst bei kleinen Kalibern nur noch mit Hilfe einer Zange und viel Gewalt möglich ist (Ausnahmen bestätigen hier die Regel).
    Die Feder im Federhaus (eigentlich eine Blechdose mit Deckel und Zahnkranz) ist gleichzeitig Tank und Motor der Uhr, da der Federkern (in der Mitte) auf einer Welle befestigt ist, die durch eine Bohrung im Federhaus nach draußen gelangt und am Ende mit einem Außenvierkant und einem Innengewinde versehen das Sperrad aufnimmt. Dieses verhindert beim Aufzug eine "Entladung" der Energie nach Beendigung der Aufzugsbewegung. Für Technikfreaks: Die Welle wird nach Stillstand der Aufzugsbewegung zur Achse, da sich nun zur Energieabgabe das ganze Federhaus darum dreht.
    Die ganze Kunst des Energiehaushaltes besteht nun darin, ein voll aufgezogenes Werk nicht an den Vollaufzug der Feder, und eine abgelaufene Feder nicht in den Zustand völliger Entspannung zu bringen.
    Eine Feder gibt somit ihre Kraft zwischen "Vollaufzug" und "Abgelaufen" immer nur in einem mittleren Teil zwischen der möglichen maximalen Spannung und der Entspannung ab. Dies bewirkt, dass die momentane Federspannung sich nicht (oder nur minimal) auf das Gangverhalten auswirkt.

    Die moderne Feder aus "Nivaflex" (nicht rostent, bruchsicher, nicht magnetisierbar und ermüdungsfrei) wurde in den fünfziger Jahren von dem schweizer Ing. Max Strautmann erfunden und kann 100.000 mal aufgezogen werden ohne ihre Kraft zu verlieren. Sie hat damit eine Lebensdauer von ca. 27 Jahren.
    Moderne Federn können dünner gefertigt werden, was eine größere Länge (und damit eine größere Gangdauer) ermöglicht und werden mit einer leichten Wölbung der Federklinge (die Feder berührt sich in der Wicklung nur noch in der Mitte) und einer Gleitschicht (keine Schmierung mehr nötig) versehen.

    Zum "Kraftfluss" habe ich hier: Kraftfluss schon mal geschrieben. Somit lasse ich den "Mittelteil" mal weg und beschränke den Kraftfluss auf meine Illustration:
    *
    Am Ende der linken Seite der o.a. Illustration ist das Federhaus und am rechten Ende das Hemmungsrad.

    Ich mache hier mal am rechten Ende, dem Hemmungs- oder Ankerrad weiter.
    Das Ankerrad mit seinen charakteristischen "Kolbenzähnen" wird durch den Anker "gebremst". Daher der Ausdruck "Hemmung". Der Anker hat an seinen ungleichen Gabelenden synthetische Edelsteine (Fachausdruck: Hebesteine) eingeklebt, die an den Zähnen des Ankerrades "vorbeikämmen" und so die Drehbewegung des Räderwerkes in eine Hin- und Herbewegung des Schwingsystems (in Fachkreisen "Amplitude" genannt*1) umwandeln.
    *
    Der Anker führt beim Vorbeigleiten eines Kolbenzahnes an der Palette eine winzige Drehbewegung aus, die durch die Berührung der zweiten Palette mit den Kolbenzähnen des Ankerrades umgekehrt wird. Dabei entsteht das typische "Tickgeräusch" einer Uhr.
    *
    Die lange Seite des Ankers (begrenzt von Stiften) treibt über eine Hebelscheibe, durch die die Unruhwelle läuft, die Unruh an. Auslöser der Unruhschwingung ist also der Druck der Ankergabel gegen den Hebelstein auf der Hebelscheibe. Sie gerät dadurch aus Ihrer Ruhestellung und schwingt. Hat die Schwingung ihren Umkehrpunkt erreicht und verläuft in entgegengesetzter Richtung, so zieht die Unruh (angetrieben nun durch die Spiralfeder der Unruh) über den Hebelstein den Anker aus seiner Ruheposition und versetzt ihn am Ende der Schwingung (im Umkehrpunkt) wieder in die "Impulsgebung". Das geschieht solange, wie die Feder die benötigte Kraft liefert.

    Ich hoffe, ich konnte in verständlicher Weise ein wenig Licht ins Dunkel bringen.

    * = Fotos vom Autor und Marcel Coutier, Illustrationen vom Autor und Helmut Mann
    *1 = Amplitude: Eine Halbschwingung. Die Amplitude bezeichnet die Schwingungsweite der Unruh zwischen ihren beiden Umkehrpunkten. Sie wird in Grad angegeben und kann max. 316 Grad erreichen. Bei unter 200 Grad wird eine Überholung der Uhr fällig. Amplitudenzahl bedeutet Schlagzahl (Halbschwingungen/Std.).


    Chronographenfunktion
    Hier nun die versprochene Erklärung (möglichst verständlich verfasst) zum Chronographentrieb.
    Die beschriebenen Funktionen haben keine Gültigkeit für das neue Patek-Philippe Kaliber. Dieses ist so ausgelegt, dass der Chrono-Sekundenstopp-Zeiger ständig mitlaufen kann. Ebenfalls ausgelassen wurde die Schaltrad-Steuerung, die Flyback-Funktion und die Schleppzeiger-Technik.

    Der Chronographen-Mechanismus wird zumeist (5100,7750) durch das Sekundenrad angetrieben. Die Welle des Sekundenrades wird dazu mit zwei langen Zapfen ausgestattet (einer ist sowieso als Träger des Sekundenzeigers vorhanden). Auf der "freien" Seite wird mit Klemmsitz (abnehmbar) ein Mitnehmerrad mit dreieckigen Zähnen angebracht. Diese Kraftübertragung erfolgt als einzige "Rad in Rad" anstatt wie im Rest des Werkes "Rad in Trieb". Das Mitnehmerrad greift nun seinerseits in ein Kupplungsrad mit gleicher Verzahnung, welches auf einem beweglichen Hebel sitzt (dem sog. Kupplungshebel). Eine Feder (Kupplungsfeder) drückt nun die Kupplung in Richtung Werkmitte. Diese Bewegung wird durch den Blockierhebel verhindert.
    Betätigt man nun den Chrono-Startdrücker, löst sich der Blockierhebel und die Kupplung bewegt sich zum Chronographenzentrumsrad, dessen Zähne nur halb so groß sind und gelangt mit diesem in Eingriff. Der Stoppsekunden-Zeiger bewegt sich! Beim Stoppvorgang wird die Kupplung zurückbewegt und der Blockierhebel legt sich vor den Kupplungshebel. Dies läßt sich beliebig oft wiederholen.
    Nullstellung: der zweite Chronodrücker betätigt den Herzhebel, der von der Herzhebelfeder unterstützt, gegen die Herzscheibe gedrückt wird. Der Zeiger springt auf Null und wird dort von den Schaltflächen des Herzhebels fixiert.

    Soweit zur Funktion (stark vereinfacht). Wenn man nun den weiteren Mechanismus betrachtet, so sind noch etliche Teile (Räder und Federn) an dem Prozeß beteiligt, da ja auch die Stoppminute und Stunde angezeigt wird. Da nun die Kraft von einer zentralen Stelle (Sekundenrad) kommt, wird diese Welle extrem beansprucht. Daher ist sie bei Chronographenwerken (im Gegensatz zu "Modul-Werken") meist entsprechend verstärkt. Das Mitnehmerrad ist nur aufgeklemmt und diese Verbindung wird ebenfalls beansprucht. Der kurzzeitige "Krafteinbruch" (messbar an der fallenden Amplitude beim Einschalten) beansprucht dabei das Material am heftigsten. Wenn der Chrono einmal läuft, geht dies, da ein Chronowerk (nicht das Modul-Werk) dafür konstruktiv ausgelegt wurde. Der Fehlgang ist vernachlässigbar beim Chronowerk. Beim Modulwerk ist diese Problematik verstärkt vorhanden.
    Ein ständiges Mitlaufen des Chronographen ist vergleichbar mit einer Anhängelast an einem dafür ausgelegtem Schleppfahrzeug (beim Modulwerk eher an einen PKW angehängte Last). Die Lebensdauer wird dadurch nicht VERKÜRZT, da das Kaliber dafür konstruiert wurde, diese Belastungen zu ertragen. Wenn ich den Chrono aber nur gelegentlich mitlaufen lasse, entlaste ich den Trieb und VERLÄNGERE damit die Lebensdauer über den konstruktiv vorgesehenen Zeitraum!

    Fazit: korrekt formuliert verkürzt sich nicht die Lebensdauer, oder fügt dem reinen Chronowerk das ständige Mitlaufen Schaden zu. Aber bei Entlastung durch nicht ständigen Chronobetrieb verlängere ich die Lebensdauer des Materials.
    Dies gilt nicht für Modul-Werke, da diese nicht konstruktiv für solche Belastungen ausgelegt wurden. Dort verkürze ich mit jedem Chrono-Betrieb die vorgesehene Lebensdauer des Materials.

    Ich hoffe, ich konnte euch die Problematik verständlich nahebringen.

    Kurze Erklärung zum Begriff "Welle": Rein technisch überträgt eine Welle immer ein Drehmoment, eine Achse nicht. Daher ist auch der Begriff "Federachse" nach neuer Definition falsch. Technisch richtig ist "Federwelle", denn sie überträgt ein Drehmoment. Der Begriff "Federachse" stammt noch aus der Zeit, wo die Definition für Achse=steht still, Welle=dreht sich war.

    Gruß Gero

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