Uhrenkauf im Internet

  • Die jüngsten Ereignisse haben mal wieder gezeigt, dass niemand wirklich sicher vor Fälschungen ist. Ich möchte hier auch mal das Buch: "Gefälschte Armbanduhren-schnell erkannt" von M.Birmelin aus dem Lavori Verlag ISBN 3-935737-45-9 empfehlen. Da steht eine Menge wissenswertes drin.

    Unabhängig davon möchte ich hier (aus eigener Erfahrung) mal ein paar Tips (keine Angst, diesmal völlig ernsthaft) zum einigermassen sicheren Kauf im Internet geben:

    Zunächst einmal generell: Wenn der Verkäufer ein Juwelier oder Uhrmacher ist oder ich mich auf einer entsprechenden Seite befinde (z.B.Roberto), bin ich schon auf der sicheren Seite. Hier kann im Regelfall nichts schiefgehen; und wenn doch, gibt es mit der Rückgabe meist kein Problem.

    Wenn ich mich in der Danger-Zone (Bucht, Ausland* usw.) bewege, hilft folgendes:

    1. Unbedingte Voraussetzung ist die GENAUE Kenntnis des Objektes der Begierde. Mit genau meine ich ganz genau! Welches Zifferblatt? Welches Kaliber (wenn dies nicht abgebildet ist, Bilder anfordern)?, Welche Maße (Fälschungen weichen manchmal ab)?
    Die hierzu notwendigen Recherchen kann man anhand von Herstellerunterlagen (Kataloge) oder Internetseiten führen.

    2. Wer bietet diese Uhr an? Die Verkaufshistorie genau betrachten. Wurde diese z.B. durch Billigkäufe/Verkäufe gepuscht? Erscheint sie logisch (ein Händler für "Luxusuhren" aus China bietet im Regelfall keine Rolex an)? Wo ist der Verkäufer (warum verkauft er nicht vor Ort)?

    3. Der Preis. Wer eine Chronoswiss für 150,-€ Sofortkauf erwirbt, ist selbst Schuld!

    4. Die Beschreibung und der Zustand der Uhr. Passt hier alles zusammen? Eine Comex-Rolex in neuwertigem Zustand ist nicht nur wegen des Zustandes äußerst verdächtig, sondern auch wegen des Angebotes überhaupt (die Wartelisten sind lang; wenn ich ein solches Exemplar besitze und veräussern will, gehe ich nicht in die Bucht). Die Beschreibung ist daher relevant, da ein Besitzer einer guten Mechanikuhr meist kein blutiger Laie ist, der die Beschreibung eines 7750 mit den Worten: "...kein Batteriebetrieb" umschreibt. Es gibt natürlich Personen, die ein wertvolles Exponat aus einem Nachlass haben, und keine Ahnung haben. Aber Vorsicht: Die sind nicht nur selten, sondern in diesem Falle wären sie auch besonders dumm, denn sie haben ja die Möglichkeit, dies vor einem Kaufangebot zu erfragen!

    5. Sind Unterlagen zur Uhr vorhanden? (Schützt nicht zwingend, hebt aber den Gesamteindruck).

    6. Welcher Versandservice wird geboten? Bei manchen ist hier ein "Verschwinden auf dem Weg" vorprogrammiert.

    7. Die Bilder der Uhr. Unscharf? Nur Einseitig? Ich habe dies zuletzt angeführt, da es hier natürlich auch die Möglichkeit gibt, ein Original abzubilden und ein Fake zu versenden. Wenn ein Fake allerdings abgebildet wird, auf das Glas achten (in einem Winkel von ca. 45 Grad spiegelt Mineralglas so stark, dass man es entlarft).

    Und nun noch: Keine Emotionen! Nicht drängeln lassen oder Sicherheitsregeln übergehen weil man diese Uhr (evtl. sogar lim. Auflage) unbedingt haben will!

    Die Berücksichtigung all dieser Tips schützt natürlich nicht 100%ig vor Betrug, kann aber schon helfen. Bei all dem muss man sich auch klarmachen, warum diese Fakes existieren: vorsätzlicher Betrug des Käufers oder "Blendereigenschaft" für die Betrachter. Die Fälscher wollen ja möglichst viel Gewinn haben. Ein "Blender" ist leicht zu entlarven, da hier ja meist nur Ähnlichkeiten zum Original vorhanden sind (Fehler im Zifferblatt, andere Materialien, Quarzwerk, etc.). Die Fälscher, die diese als Original verkaufen wollen, sind da schon gefährlicher, da sie einen grösseren Aufwand betreiben. Die tollste Fälschung, die ich bis jetzt gesehen habe, war eine Omega Seamaster Planet Ocean in Orange mit 45,5mm Durchmesser. Diese Fälschung war der absolute Hit. Es stimmte wirklich alles von Außen, das Saphirglas war vorhanden, die Rückdeckel-Gravur war identisch, die Lünette war in der Akustik (Klackgeräusch) identisch (sogar die Maße waren identisch). Da diese aber von einem Miyota-Werk angetrieben wurde, fehlte der Sekundenstopp beim Ziehen der Krone, somit brauchte man die Uhr nicht zu öffnen, um sie zu entlarfen. Eine solche Uhr im Internet und schon ist man erheblich reicher!

    Ich hoffe, ich habe hier ein paar nützliche Dinge zusammengetragen, die euch hoffentlich etwas schützen.

    *In der Ebay-Zeitschrift (Nr.2 oder 3) war ein Bericht über die "Betrügerstadt" in Rumänien. Dort hat in einem Interwiew einer der Betrüger gesagt, dass wer glaubt eine Jacht in einer Stadt in Rumänien, die nicht mal einen Hafen hat, ersteigern zu können, es nicht anders verdient.

    Das es auch anders geht, möchte ich hier nicht verschweigen. Die teuerste Uhr, die ich in der Bucht ersteigert habe, war diese ML:

    Die Uhr habe ich für 3.500,-€ Sofortkauf (limitierter Platinwecker -200 Stck.- mit Ladenpreis 7.500,-€) von einem Juwelier, der für 30,-€ Versandkosten die Uhr mit Werttransport bis zu meinem Schreibtisch (waren tatsächlich zwei bewaffnete Boten) transportiert hat. Man kann schon noch eine Menge Geld sparen ohne ein unüberschaubares Risiko einzugehen.

    Hier noch mal ein Foto einer China-Fälschung (Ein Zeiger hat sich verabschiedet):

    Gruß Gero

  • Zitat von Chronometres

    Die jüngsten Ereignisse haben mal wieder gezeigt, dass niemand wirklich sicher vor Fälschungen ist. Ich möchte hier auch mal das Buch: "Gefälschte Armbanduhren-schnell erkannt" von M.Birmelin aus dem Lavori Verlag ISBN 3-935737-45-9 empfehlen. Da steht eine Menge wissenswertes drin.

    Unabhängig davon möchte ich hier (aus eigener Erfahrung) mal ein paar Tips (keine Angst, diesmal völlig ernsthaft) zum einigermassen sicheren Kauf im Internet geben: [...]

    Und wieder einmal ein sehr fundierter Beitrag von Dir, diesmal zum Thema "Caveat emptor - der Käufer möge sich in Acht nehmen". :thumbup:

    Mir scheint allerdings, daß man mittlerweile beim Internet-Handel mit Uhren mit größerer Wahrscheinlichkeit auf einen Betrüger stößt als auf einen ehrlichen Menschen. Es sei denn, man treibt grundsätzlich nur mit denjenigen Handel, die man ohnehin schon kennt - dann stellt sich allerdings die Frage, wozu man eBay und anderen Online-Auktions- und Verkaufsplattformen noch Provisionen in den Rachen stecken soll. :roll:

  • Erst mal vielen Dank Olaf.

    Das man auf mehr unehrliche Menschen trifft scheint nur so, da man über die ehrlichen Händler kein Wort verliert. Über mich zum Beispiel. Ich habe jahrelang über Ebay Uhren ge-/verkauft und nie jemanden betrogen. Ich bin zwar mal durch die China-Tourbillons in Versuchung geführt worden (war wirklich knapp), habe aber nicht mitgemacht. Ich bin auch noch nie betrogen worden, da ich immer sehr vorsichtig war, wenn mir etwas nicht "rund" vorkam. Dadurch ist mir vielleicht das eine oder andere "Schnäppchen" durch die Lappen gegangen, aber damit kann ich leben.

    In dem Beispiel von dem leider übel betrogenen Forums-Kollegen hätte es geholfen, sich das Original (Bild hätte in diesem Fall genügt) genau anzusehen um festzustellen, dass es sich hier um ein Fake handelt, da ausgerechnet die orange Version andere Ziffern hat als die restlichen Versionen. Der Fälscher wusste dies wohl nicht (oder der Aufwand war ihm zu gross hier eine extra Druckvorlage zu fertigen).
    J. Perez (Antikuhren Perez) hat dies mir gegenüber mal so beschrieben: "Die Fake-Händler sind keineswegs Fachleute für Uhren. Meistens kennen diese sich nicht mal sonderlich gut aus. Dem entsprechend müssen sie auf einen Käufer hoffen, der sich noch viel weniger auskennt"

    Das war vor 4 Jahren. Heute kennen die Fake-Händler die Originale genau. Der Käufer muss daher das Original noch genauer kennen. Hinzu kommt die Arglosigkeit. Es ist zwar möglich, aber doch recht unwahrscheinlich, dass der Besitzer (Privat, nicht Juwelier) einer 10.000,-€ Uhr den Verkauf über Ebay anstrebt. Da sind auch schon die Betrüger drauf gekommen. Daher wird nun der Markt der Uhren von rund 2.000,- bis 5.000,-€ aufs Korn genommen.

    Hätte unser Kollege diese Tipps gekannt und danach gehandelt, wäre es vielleicht nicht soweit gekommen. Daher dieser Beitrag und meine Hoffnung, weiteres Unheil vermeiden zu helfen.

    Gruß Gero

  • Auch dir vielen Dank! Übrigens fällt mir in diesem Zusammenhang wieder die schwarze 356 aus der Bucht ein, die dreimal als "aus einem Nachlass" innerhalb von 4 Monaten verkauft wurde. Hätte ich nie gekauft, da die Besitzer offensichtlich alle von Ihrem Ableben Gebrauch machen.

    Gruß Gero

  • Der Handel mit chinesischen Kopien des 7750 geht in die 2. Runde:
    http://cgi.ebay.de/Raritaet-BiCom…1QQcmdZViewItem

    Unter diesem Link kann man das Angebot eines "Unikates" mit 7750/Flyback bewundern. Es wird der Eindruck erweckt, es handle sich um ein Original 7750 mit Flybackschaltung. Erst im Text taucht die Passage auf: "...Das Chronographenwerk basiert auf dem Valjoux 7750".
    Somit bewegt sich der Anbieter auf der rechtlich sicheren Seite.

    Das Foto des Werkes zeigt eine chinesische Kopie des 7750:

    Deutlich zu erkennen ist die vom Original abweichende Rotorform, die Aufhängung, der Spiralschlüssel und die grobe Oberflächenstruktur.

    In seinem zweiten Angebot ist es ein "Prototyp" einer auf 100 Stck. limitierten Edition.
    http://cgi.ebay.de/Raritaet-44-mm…1QQcmdZViewItem

    Auch hier wird angegeben: "Basis: 7750 Flyback" Ich gewinne hier den Eindruck, dieser Zeitgenosse weiss nicht einmal, was eine Flyback-Funktion ist. Die Abbildung zeigt auch sehr deutlich das chinesische Werk:

    Das sind m. E. nach Beispiele von sehr zweifelhaften Praktiken, da hier der Eindruck erweckt wird, eine "Rarität" zu erwerben.

    Gruß Gero

  • Und wieder eine kuriose Entdeckung: Ein russischer "Traveller Chrono":

    An was erinnert mich bloß dieses Design.... :?:

    Gruß Gero

  • Im neuen Uhren-Magazin (ab Morgen im Handel) ist ein vierseitiger Artikel "Fischen in der Bucht" zu Chancen und Risiken beim Online-Handel. Mit Bildern und in Bunt!

    Gruß Gero

  • Ich kaufe keine Uhr über das Internet, wenn ich nicht vorher mit dem Verkäufer (ausgenommen renommierte Händler) telefoniert habe. Wenn man dann kurz nach der Historie der Uhr fragt, z.B. wie er die Uhr erworben hat, was genau beim Kauf alles enthalten war, ob die Uhr schon mal revidiert wurde, merkt man sehr schnell, ob man mit einem "seelenverwandten" Uhrenfan spricht. Ein ehrlicher Verkäufer wird bereitwillig auf alles plausible Antworten haben, ein Ganove kommt gleich ins Drucksen und faselt was von "Weiß ich nicht, habe die Uhr auch erst vor kurzem geschenkt bekommen" etc..
    Ich hatte mich mal für eine Uhr in der Bucht interessiert und den Verkäufer um seine Tel.-Nr gebeten - als ich ihn dann anrief und noch ein paar Details wissen wollte sagte er mir (in gebrochenem deutsch ...), daß er meine Fragen nicht beantworten könne, weil die Uhr noch bei seinem Bruder wäre - ganz klar, daß die Sache damit für mich erledigt war.

    Wenn kein Telefongespräch möglich ist - aus welchem Grund auch immer - lasse ich gleich die Finger davon - egal wie groß das Schnäppchen zu sein scheint.

    Gruß Reimund

  • Hallo, meine Lieben,

    ich sehe das auch so wie ihr, mittlerweile kaufe ich auch keine Uhr mehr in der Bucht, sondern nur über die Foren, wo die Mitgloeder meist bekannt sind, oder über bekannte Händler. Auch der Verkauf über ein Forum geht reibungsloser ab und mann spart hohe Verkaufsprovisionen.

    Mal abgesehen davon werden die Uhren sowieso als teurer, so daß man auch bald keine Lust mehr hat , welche zu kaufen (seihe SINNs neue Preisattacken!).

    Gruß J. Simon

    Sinn 142 TiAr
    Sin157 TiAr
    Sinn 144 StSa
    Sinn U2
    u.e.m. :thumbup:

  • Also auch ich habe schon einige Uhren in der Bucht verkauft Unter anderen Breitling, Omega und Sinn und hatte zu keiner dieser Uhren mehr Papiere und dennoch waren es selbstverständlich Orginale.
    Man kann also generell nicht sagen, dass bei allen Privatverkäufern skepsis angesagt wäre. Und genau so selbstverständlich konnte ich über all diese Uhren detaillierte Infos über die Herkunft bieten.
    Aber wie schon an anderer Stelle bemerkt wurde ist jemandem, der eine Breitling oder Omega für 150 Euro in der Bucht ersteigert und sich dann wundert, dass es besch.... wurde nicht mehr zu helfen. Und was dieses Buch "Uhrenfälschungen" betrifft, setzt natürlich voraus, dass man das Orginal sehr gut kennt und es auch mal in der Hand hatte.
    Schönen Tag
    R :lol: :shock: alph

  • Zitat von nixmuetz

    Also auch ich habe schon einige Uhren in der Bucht verkauft Unter anderen Breitling, Omega und Sinn und hatte zu keiner dieser Uhren mehr Papiere und dennoch waren es selbstverständlich Orginale.
    Man kann also generell nicht sagen, dass bei allen Privatverkäufern skepsis angesagt wäre. Und genau so selbstverständlich konnte ich über all diese Uhren detaillierte Infos über die Herkunft bieten.
    Aber wie schon an anderer Stelle bemerkt wurde ist jemandem, der eine Breitling oder Omega für 150 Euro in der Bucht ersteigert und sich dann wundert, dass es besch.... wurde nicht mehr zu helfen. Und was dieses Buch "Uhrenfälschungen" betrifft, setzt natürlich voraus, dass man das Orginal sehr gut kennt und es auch mal in der Hand hatte.
    Schönen Tag
    R :lol: :shock: alph

    Ja, das glaube ich dir, da ich deine Kompetenz aus dem Forum her kenne. Ich habe auch schon viele Uhren in der Bucht verkauft, allerdings alle mit Papieren, da man dafür dann deutlich mehr erhält. Gekauft habe ich allerdings auch schon Uhren ohne Papiere von Privat. Reingefallen bin ich mit mit Uhren in der Bucht noch nie, dafür aber mit Elektronikteilen mehrfach (gehört aber nicht hierher).

    Mit dem Buch gebe ich dir Recht Ralph.

    Gruß Gero

  • Übel!

    Aber:

    Eine gefälschte Uhr zu verkaufen, ist sauerei und strafbar (glaube und hoffe ich)

    Eine Uhr für hunderte Euro zu kaufen, die Im Quelle keine 50 kostet, ist Blödheit des
    Käufers. Zwar dreist, moralisch verwerflich das Ding so anzubieten-keine Frage,
    aber trotzdem Blödheit. :cl:

    Die 757 kostet 575 Tage Nicht-Rauchen

  • Ich habe hier einen interessanten Link zu einem Bericht über einen namhaften Ebay-Uhrenhändler: http://testberichte.ebay.ch/Betrug-bei-Web…000000004696077
    Das ist schon ein dicker Hund! Gefälschte Rolex und Breitling in aller Öffentlichkeit anzubieten, ist schon dreist!


    DerLaden ist bekannt dafür, wurde schon öfters in anderen Foren gepostet.
    Daß leider immernoch ahnungslose Käufer darauf reinfallen ist natürlich ägerlich und
    e... ist auch nicht ganz schuldlos daran.

    Gruß aus dem Rheinland
    Peter

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