• Um einige Irrtümer zu beseitigen und ein wenig Klarheit in die Thematik "COSC-Gangschein zu bringen, hier mal die ausführliche Beschreibung dieses Dokumentes und der Prüfung:

    Der große Gangschein (die orange Schrift ist von mir zur Erklärung) beeinhaltet folgende Informationen:

    - Laufende Nummer der COSC

    - Nummer des Kalibers (wird auf die Grundplatine des geprüften Kalibers graviert -wie eine Fahrgestellnummer- und dient zur Identifikation)

    - Prüfkategorie (Kl.1 = Armbanduhrkaliber über 20mm Durchmesser, Kl. 2 = unter 20 mm Durchmesser), Kaliberbeschreibung, Durchmesser, Höhe

    Schlecht zu lesen, daher hier nochmal die Zusammenfassung:

    - Mittlerer täglicher Gang in den verschiedenen Lagen
    Summe aus den Resultaten der zehn Meßtage: M = 1/10 (M1 + M2 +...M10) und durch zehn teilen. Das Ergebnis zeigt den mittleren täglichen Vor- oder Nachgang.
    Dieses Kriterum wird sehr oft zitiert (nur meist falsch): Hier darf es keine größere Differenz als die besagten -4 bis +6 Sek. geben.

    -Mittlere Gangabweichung
    Resultate der fünf Meßzeiträume addieren und durch fünf teilen. V = 1/5 ((M2 - M1) + (M4 - M3) +...(M10 - M9)). Die Differenz der Gänge (V) gibt die Abweichung zwischen den beiden Messungen pro Lage (also Krone oben, unten, links, Zifferblatt oben, unten) an. Das ergibt fünf Werte (die oft zitierten "reg. in fünf Lagen"). Der Durchschnitt ergibt die mittlere Gangabweichung.

    - Größte Gangabweichung
    Die größte gemessene Differenz der Gänge: Vmax. (Mi +1 - Mi)max.

    - Differenz zwischen liegend und hängend
    Mittelwert der Gänge bei "Krone links" (*6H) minus Mittelwert der Gänge bei "Zifferblatt oben" (*CH). Es können sich hier auch durchaus negative Werte ergeben: D = 1/2 (M1 + M2) - 1/2 (M9 + M10).

    - Größte Differenz zwischen dem mittleren täglichen Gang und und einem der Gänge
    Hier wird die größte Differenz angegeben, die sich aus dem als erstes errechneten mittleren täglichen Gang und einem der zehn Meßwerte der täglichen Gänge bestimmen läßt: P = (Mi - M)max.

    - Gangabweichung pro Grad Celsius
    C = M13 - M11/30. Der gemessene tägliche Gang bei 8 Grad Celsius wird vom täglichen Gang bei 38 Grad Celsius abgezogen und durch die Temperaturdifferenz (30) geteilt. Das Ergebnis wird in Sekunden pro Grad Celsius ausgedrückt.

    - Wiederaufnahme des Ganges
    Rechnerisch der Gangunterschied zwischen dem Beginn und dem Ende der Gangprüfung. R = M15 - M1 + M2/2.


    Man sieht also, mit den landläufigen "Meinungen" hat diese Prüfung nicht viel gemein. Es wird hier auch nicht die Abweichung von einer tatsächlichen Funkuhrzeit gemessen. Dies ist eine Frage der Reglage. Die Reglage wird hier ebenfals nicht direkt geprüft. Die Prüfung gibt aber Aufschluß über das Verhalten eines gut reguliereten Werkes. Die Abweichungen durch die Lageveränderungen beim Tragen sind hier erheblich geringer. Chronometerwerke sind also Kaliber mit sehr geringen Lagefehlern, und dadurch sehr ganggenau. Dies kann auch konstanten Vorgang oder Nachgang bedeuten. Hauptsache KONSTANT und innerhalb der Parameter.

    Der große Gangschein wird bei vielen Herstellern nicht mit an den Käufer der Uhr geliefert. Anstatt dessen kommt der "kleine Gangschein" mit zum Kunden:

    Ich habe als Beispiel auch hier den Gangschein meiner in 12/2004 gekauften 356 gewählt. Die Rechnung (Kaufdatum) hat ein anderes Datum als die COSC-Prüfung (Mai/2001).
    Auch dies ist gängige Praxis der Hersteller: Man gibt die Kaliber zur COSC und verbaut sie bei Bedarf.

    Man kann also hier sehen, dass im Gegensatz zur Chronometerprüfung an der deutschen Prüfstelle in der Sternwarte von Glashütte, die Kaliber allein ohne Uhr geprüft werden.
    Daher ist auf dem Prüfschein auch kein Uhrenmodell bezeichnet.

    Hier nochmal die Prüfkriterien (Vorgaben) der COSC zu den Parametern für das Bestehen der Prüfung:

    Wird einer der Werte nicht erreicht, ist die Prüfung nicht bestanden.

    Gruß Gero

  • Danke für diese Darstellung! Zu beachten ist auch, dass die Hersteller unterschiedliche Formen der Dokumentation der COSC-Prüfung mit ihren Uhren an die Kunden ausliefern. Das oben dargestellte Dokument ist also nicht einheitlich, wie zB eine TÜV-Plakette.

    "Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie angeschaut haben." (Alexander von Humboldt)

  • Zu beachten ist auch, dass die Hersteller unterschiedliche Formen der Dokumentation der COSC-Prüfung mit ihren Uhren an die Kunden ausliefern.

    Ja, guter Hinweis! Die Hersteller geben auch nicht unbedingt die Ergebnisse vollständig weiter. Rolex und Breitling z.B. geben aktuell keinen Gangschein aus.

    Gruß Gero

  • Hier mal der Gangschein meiner PAM.
    Panerai liefert den individuellen COSC-Prüfbericht noch mit, schade das die meisten Hersteller diese Spielerei eingestellt haben. Wer braucht den schon eine oder mehrere Uhren in vierstelligen € Beträgen, das sind alles Emotionskäufe. Da wäre etwas mehr Liebe zum Detail, Spielereien und Zubehör schon sehr nett. Und die Welt kostet so was auch nicht. :&:

    Alex

    Liebe Grüße

    :alexhai:


    Alex

    Alles bleibt gut


  • Hallo zusammen und Vorsicht :!: ,

    das, lieber Gero, ist leider falsch. Selbstverständlich wird jeder einzelne der Messwerte M1 bis M10 durch den Vergleich mit der offiziellen Zeit ermittelt. Der Mittelwert davon ist der mittlere tägliche Gang in den Lagen bezogen auf die offizielle Zeit (Atomuhr- oder Funkuhrzeit). D.h. das Uhrwerk darf - über die Lagen gemittelt - nicht mehr als vier Sekunden pro Tag nach- und nicht mehr als sechs Sekunden pro Tag vorgehen, gemessen an der tatsächlichen Zeit.
    Dagegen stellt die größte Gangabweichung nur die Differenz zwischen dem größten und dem kleinsten Wert der Messungen M1 bis M10 dar. Diese Zahl gibt den größten lagebedingten Unterschied der Gänge des Uhrwerks an (hier maximal zulässig: Fünf Sekunden pro Tag) und ist natürlich ohne Bezug zur offiziellen Zeit.

    Zu ergänzen wäre vielleicht noch, dass auch Quarzwerke chronometergeprüft werden können. Die Prüfung läuft genauso ab, nur sind die erlaubten Toleranzen geringer.

    Schöne Grüße!

  • das, lieber Gero, ist leider falsch. Selbstverständlich wird jeder einzelne der Messwerte M1 bis M10 durch den Vergleich mit der offiziellen Zeit ermittelt. Der Mittelwert davon ist der mittlere tägliche Gang in den Lagen bezogen auf die offizielle Zeit (Atomuhr- oder Funkuhrzeit).


    Meine Darstellung ist schon korrekt (wenn man sie nicht willkürlich aus dem Zusammenhang reißt und wieder zusammensetzt). Die Meßwerte M1 bis 10 werden natürlich in der Praxis von der Atomzeituhr als Referenz gemessen. Wovon auch sonst?
    Die COSC-Prüfung ist aber nicht das Messen von Abweichungen von der tatsächlichen Uhrzeit. Dieses Zitat steht AM ENDE des Textes und bezieht sich auf die gesamte Prüfung. Und genau da gehört es auch hin und nicht unter die Errechnung des mittleren täglichen Ganges, wo diese Aussage einen anderen Sinn ergibt.

    Der GANG ist nicht die Abweichung von der tatsächlichen Uhrzeit, sondern vom STAND. Dies sind beides klar definierte Begriffe der Chronometrie und bedeuten, dass der STAND die Abweichung von der tatsächlichen Zeit darstellt, der GANG jedoch die Änderung des STANDES in Abhängigkeit von der Zeit bedeutet. Dies läßt sich auch hier nachlesen: "Der Chronometergang" Alois Irk ISBN 3980955788.

    Dagegen stellt die größte Gangabweichung nur die Differenz zwischen dem größten und dem kleinsten Wert der Messungen M1 bis M10 dar.


    Wenn die so wäre, müßte der vorliegende Gangschein falsch sein. Dann müßte der Wert -2,1 sein (Größter Wert= Tag 10: -2,6, kleinster Wert= Tag 8: -0,5).
    Der Wert ist aber -0,8! Da der Gangschein wohl korrekt ist, ist es meine Darstellung auch!

    Du kannst deine These hier aber gerne noch mal überprüfen:

    Dieser Teil der urkunde läßt sich oben nur schlecht erkennen, daher hier der Ausschnitt.

    Gruß Gero

  • Hallo Gero,

    ich habe die Chronometerprüfung noch einmal studiert und muss Dir im zweiten Teil Recht geben :ash: : Die größte Gangabweichung ist definiert als die größte Differenz der Gänge in einer der Lagen und nicht, wie ich zuerst behauptet habe, aller Lagen. Dieser Wert ist in Deinem Beispiel am fünften Tag, Zifferblatt oben, M9 - M10 also (-1,8 ) - (-2,6) = 0,8.
    Ich verwahre mich aber dagegen, Deine Darstellung willkürlich aus dem Zusammenhang gerissen und wieder zusammengesetzt zu haben. Gerade weil Deine Aussage "Es wird hier auch nicht die Abweichung von einer tatsächlichen Funkuhrzeit gemessen" sich auf die gesamte Prüfung bezieht, ist sie falsch oder muss zumindest falsch verstanden werden.
    In Deinem letzten Beitrag schreibst Du:
    "Die Meßwerte M1 bis 10 werden natürlich in der Praxis von der Atomzeituhr als Referenz gemessen. Wovon auch sonst? Die COSC-Prüfung ist aber nicht das Messen von Abweichungen von der tatsächlichen Uhrzeit."
    Was denn nun? Die Messwerte M1 bis M10 sind doch Teil der Chronometerprüfung und führen zu einem Bestandteil des Ergebnisses, nämlich dem mittleren täglichen Gang in den verschiedenen Lagen.

    Schöne Grüße!


    ps. Wie ist in Deinem Gangschein der Wert für V3? Auf meinem Monitor sieht er aus wie 0,3.

  • "Es wird hier auch nicht die Abweichung von einer tatsächlichen Funkuhrzeit gemessen"


    Es wird hier der Gang mit Hilfe der Atomzeit ermittelt, nicht die Abweichung von der Uhrzeit (Stand). Das sind zwei verschiedene Dinge (vgl. Irk). In der Messpraxis kann die Uhrzeit auf dem Prüfkaliber synchronosiert sein, kann aber genau so gut beliebig eingestellt werden. Beispiel: Wenn ich um 16.00h (lt. Atomuhr) das Prüfkaliber auf 12.00h einstelle, habe ich 24 Std. später immer noch nicht die gleiche Uhrzeit wie die Referenz, aber sehr wohl einen Messwert. Ich weiß, dass dies etwas schwer zu erklären ist, nicht umsonst füllt das Thema Chronomertrie ein ganzes Buch, aber die Uhrzeit ist völlig irrelevant, da der Messzeitraum immer 24 Std. umfasst, und die sind nunmal unabhängig von tatsächlichen Zeiten.
    Gemessen wird hier die GANGabweichung von der Atomzeit (egal welche Uhrzeit diese nun anzeigt).

    Die COSC-Prüfung ist aber nicht das Messen von Abweichungen von der tatsächlichen Uhrzeit."


    Die COSC-Prüfung besteht aus verschiedenen Teilen, nicht aus der Messung der Abweichung von einer Uhrzeit sondern vom Gang einer Referenz. Die Abweichung ergibt sich aus der Zeit, welche das Prüfkaliber in 24 Std. von der des Referenzkalibers abweicht.

    Wie ist in Deinem Gangschein der Wert für V3? Auf meinem Monitor sieht er aus wie 0,3


    Ja, 0,3 ist richtig erkannt.
    Bevor du es jetzt schreibst: rechnerisch ist 0,2 richtig. Das ist tatsächlich der einzige Wert auf dieser Urkunde, den ich rechnerisch nicht bestätigen konnte. Das ist entwerder ein Druckfehler oder ein Rundungsergebnis (z.B. bei 0,94 und 0,65 = 0,9 und 0,7) von den M2/3 Messungen.

    Gruß Gero

  • O.k. Gero,

    ich gebe mich geschlagen. :p:
    Ich hatte - offenbar fälschlicherweise - vorausgesetzt, dass es bei Chronometerprüfungen um Zeitspannen geht. Unseren Disput jetzt auf den Unterschied zwischen "Zeitspanne" und "Uhrzeit" zurückzuführen, finde ich allerdings ein wenig albern.

    Schöne Grüße!

  • Lieber Gero!

    Irgendwie könnte ich dich ja küssen für deine unermüdliche Darstellung der Chronometerprüfung :)
    Hervorragend auf den Punkt gebracht.

    Und jetzt sollten wir nur noch beraten, was hinzünftig mit Personen geschehen soll, die in den diversen Uhrenforen schrieben: "Mein XYZ läuft wie ein Chronometer – im Bereich (-4 +6). OBWOHL sie gar kein Chronometerzeugnis hat!" Gemeint ist natürlich die geschätzte Ablesung am Funkwecker ...

    Ich persönlich bin ja für ... aber das sag ich jetzt nicht öffenlich!

    Danke nochmals,
    Hans

  • Und jetzt sollten wir nur noch beraten, was hinzünftig mit Personen geschehen soll, die in den diversen Uhrenforen schrieben: "Mein XYZ läuft wie ein Chronometer – im Bereich (-4 +6). OBWOHL sie gar kein Chronometerzeugnis hat!" Gemeint ist natürlich die geschätzte Ablesung am Funkwecker ...


    Mein Vorschlag: NICHTS, da hier ja nur zum Ausdruck gebracht werden soll, dass die Uhr SO GENAU WIE ein Chronometer läuft.
    Es geht ja nicht darum, die große Missionarstätigkeit durchzuführen, sondern es sollte mal dargestellt werden, wie die COSC wirklich prüft und was sie bescheinigt.
    Mein Ziel war es, die Halbwahrheiten des Volksmundes für die Forumsmitglieder durch Fakten zu ersetzen. Was der einzelne daraus macht, bleibt jedem selbst überlassen.

    Gruß Gero

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