• Das Kaliber J 30 von Junghans - oder - Wie alles begann.

    Das Kaliber J 30 von Junghans ist der Uhrahn der Sinn NaBO und aus meiner Sicht eines der vielseitigsten und
    geschichtlich bedeutensten Kaliber von Junghans. Ob als Autouhr oder als Borduhr im Flugzeug, Uhren mit
    diesem Kaliber waren ein wichtiges Instrument bei der Entwicklung dieser neuen Technologien.

    Gerade in der Luftfahrt waren einige wichtige Entwicklungen erst durch den Einsatz von präzisen und
    zuverlässigen Uhren dieses Kalibers möglich (Stichwort: Navigation). Auch militärisch
    waren die Uhren mit dem Kaliber im 2. Weltkrieg nicht wegzudenken (Stichwort: Betriebs- bzw. Stationsuhren)
    und haben dort ihren Fußabdruck in der Geschichte hinterlassen.

    Auch nach dem Krieg, mit neuer Bezeichnung und unter der Obhut der Firma Sinn wurde dieses Kaliber erfolgreich
    noch lange Jahre weiterentwickelt und eingesetzt.

    Dieses Kaliber läuft bei entsprechender Pflege selbst nach fast hundert Jahre immer noch zuverlässig und
    präzise. Eine Leistung die mich als Sammler immer wieder aufs Neue begeistert.

    Gern möchte ich mit euch die Begeisterung und mein Wissen zu diesem Kaliber teilen.

    Nach Möglichkeit basieren meine Aussagen auf zeitgenössischen Belegen und Nachweisen die ich ebenfalls sammle. Leider gibt es jedoch nach so langer Zeit nicht mehr für alles einen eindeutigen Beleg und oftmals ist man auch auf Indizien oder Vermutungen angewiesen.

    Gern kann man über jede Aussage fachlich diskutieren. Ich würde mich sogar sehr darüber freuen. Nur so entwickelt sich das Wissen weiter.

    Auch sonst ist Feedback in jeder Form erwünscht. Dann hat man das Gefühl das es auch jemanden interessiert was man so schreibt.

    In diesem Sinne wünsche ich uns viel Spaß in diesem Thema.

    Gruß Tom

    Suche immer Autouhren, Borduhren und Stations-/ Betriebsuhren im Kaliber J 30 von Junghans.

    Gern auch Ersatzteile für diese Uhren.

    6 Mal editiert, zuletzt von tombuilder (9. Oktober 2022 um 14:26)

  • Entwicklung:

    Das Kaliber J 30 wird bei Junghans in den Kaliberlisten als „Großuhr“ geführt. Unterlagen von Junghans legen nahe, dass das Kaliber J 30 im Jahr 1922 entweder aus dem Taschenuhr Kaliber J26 von 1921 entstand oder beide Kaliber in den Jahren 1921/22 zusammen entwickelt wurden. Beide Kaliber sind in großen Teilen identisch und zumindest in den frühen Versionen des Kaliber J 30 untereinander kompatibel.

    Quelle: https://junghansarchiv.de/fileadmin/Jung…aliberliste.pdf

  • Den frühesten Nachweis für das Kaliber J 30 habe ich in einem Original-Junghans- Katalog von 1923 gefunden. Zum einen wird dort das Kaliber J 30 als „Präzisions-Auto-Uhr“ angeboten.

    Gut zu erkennen sind hier schon die beiden Einbauvarianten die auch im militärischen Bereich verwendet wurden. Die Variante mit dem Bajonettverschluss wurde bei der militärischen Variante mit dem Anforderungszeichen FL 22600 noch bis zur Einführung der FL 23885 und dem Kaliber J 30BZ im Jahre 1938 verwendet.

    Die Variante mit dem Scharnier wurde im 2. Weltkrieg für die Stationsuhren verwendet und noch weit über den Krieg hinaus bei den Stationsuhren der frühen Bundesrepublik unverändert beibehalten.


    Quelle: https://junghansarchiv.de/fileadmin/pdf/…35_grossuhr.pdf

  • Hier ist so eine frühe Autouhr mit original Einbautopf die speziell für Mercedes produziert wurde.

    Mercedes hatte früh erkannt das Markenbewußtsein wichtig ist und hat sich bereits damals für diese hochwertigen Uhren mit individuellem Branding entschieden.

    Die abgebildete Uhr muss aus den Jahren 1922 bis 1926 stammen da das Kaliber erst ab 1922 gebaut wurde und Mercedes ab 1926 bereits ein anderes Logo hatte.

    Es wird vermutet, dass diese hochwertigen und teueren Uhren überwiegen in den teuren Sportcoupes von Mercedes verbaut waren. Einige restaurierte Coupes aus dieser Zeit
    sind heute mit diesen Uhren zu sehen. Ob diese Uhr in einem Sportcoupe oder einem anderen Modell von Mercedes ihren Dienst tat wäre nur durch entsprechende Belegfotos
    aus der Zeit zu klären. Leider habee ich bis heute noch keine gefunden.

  • Danke für die Infos, das ist echt spannend. Ich dachte, diese Art Uhren sind tatsächlich nur an Bord von Fluggeräten zu finden.

    Mit dem Peter haben wir hier einen ausgesprochenen Borduhren-Freak, nicht nur von Sinn Nabos, ich bin sicher, ihr könnt euch gut ergänzen.

    Ansonsten bin ich weiter gespannt, was wir noch aus deiner Sammlung sehen können... Top1

    Gruß

    AndiS

    Alles hat seine Zeit.

  • ...und ich bin gespannt auf den Brückenschlag zur Uhrenmarke Sinn. Hat "der schnelle Helmut" einfach nur gelabelt?

    Oder gab es eine technische Weiterentwicklung, die er als Profi-Flieger in seine NaBos einfließen ließ?

    :popcorn:

    Ihr habt die Uhren - wir haben die Zeit

    (Afghanisches Sprichwort)

  • WOW! Vielen Dank für die ausführliche Präsentation/Darstellung!!! : thanks

    Ich selbst kann zu Großuhren/Borduhren nichts beitragen. Diese gehören nicht zu meinem "Sammelgebiet", obwohl ich sie sehr schön finde und gerne ein Exemplar auf meinem Schreibtisch hätte....


    Toll, wenn man so viel über eine Historie weiß und nachweisen kann! Klasse, wenn man dann noch selbst Modelle in der Sammlung hat. :sensation:

    So macht das Hobby noch mehr Spass!!!

    Grüße
    Marcel

    Grüße
    Ticker
    _______________________________________________________________________

    ...warum bleibt am Ende des Geldes so wenig Uhr übrig... ? :wall:

  • ...und ich bin gespannt auf den Brückenschlag zur Uhrenmarke Sinn. Hat "der schnelle Helmut" einfach nur gelabelt?

    Oder gab es eine technische Weiterentwicklung, die er als Profi-Flieger in seine NaBos einfließen ließ?

    :popcorn:

    Der Brückenschlag ist simpel und auch kein Geheimnis. Sinn hat die Sparte mit den Borduhren von Junghans übernommen.

    Die Frage zur technischen Weiterentwicklung ist da schon deutlich schwieriger.

    Nicht jede Weiterentwicklung ist auch auf den ersten Blick zu erkennen.

    Zum Beispiel Änderungen bei den verwendeten Materialien sind nicht unbedingt sofort zu erkennen.

    Ebenso Änderungen bei der Verarbeitung. So macht es riesiege Unterschiede ob
    Verbindungen gesteckt, gepresst oder sogar genietet sind oder ob Teile gestanzt, gefräst, geätzt oder gelasert sind.
    Solche gravierenden Änderungen sind aber nicht unbedingt am fertigen Produkt erkennbar. Jedenfalls nicht mit
    "haushaltsüblichen" Mitteln.

    Von daher traue ich mir nicht zu eine Urteil dazu abzugeben.

    Gruß Tom

    PS: Eventuell ergibt sich ja bei genauerer Betrachtung des Vorgängers von Junghans ein Bild das sich abzeichnet.
    Das ist ja indirekt auch der Sinn dieses Themas. Sich mit dem Vorgänger Modell zu beschäftigen um mehr über das
    Sinn Modell zu lernen.

    Suche immer Autouhren, Borduhren und Stations-/ Betriebsuhren im Kaliber J 30 von Junghans.

    Gern auch Ersatzteile für diese Uhren.

  • [quote='AndiS','index.php?page=Thread&postID=224197#post224197']Danke für die Infos, das ist echt spannend. Ich dachte, diese Art Uhren sind tatsächlich nur an Bord von Fluggeräten zu finden.

    Gut dass du das ansprichtst. Der zweite frühe Nachweis für das Kaliber J 30 war auch für mich überraschend.

    Tatsächlich wurde das Kaliber J 30 anfangs auch in 8 Tage Präzisionsuhren angeboten.

    Was auch Sinn macht, da das Kaliber als Präzisionsuhr mit 8 Tagen Laufzeit konstruiert war.

    Quelle: https://junghansarchiv.de/fileadmin/pdf/…19_grossuhr.pdf

  • Au f den ersten Blick sieht diese Uhr nicht nach einem Borduhrkaliber aus.

    Aber ein Blick ins Archiv hilft auch hier weiter. Diesmal in einer Liste aus dem Jahre 1931.

    Quelle: https://junghansarchiv.de/fileadmin/pdf/…931_04_0106.pdf

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