Teil 1
Infektion
2015, Sommer.
Nachdem ich 2014 für einen großen Automobilhersteller in Stuttgart gearbeitet hatte, bin ich Ende besagten Jahres wieder zurück ins Allgäu. Allerdings nicht mehr in meine Heimat, sondern ins Unterallgäu. Zu den „Städtern“ also, wie der Oberallgäuer zu sagen pflegt. Denn alles jenseits von Kempten, wo auch der recht bekannte KFZ-Veredler „Abt“ seinen Sitz hat, ist schließlich kein „echtes“ Allgäu mehr. Naja, wie erwähnt - sagt der Oberallgäuer zumindest.
[1] Die gute alte Heimat.
Daher war es mal wieder an der Zeit im Sommer ´15 meine Eltern zu besuchen. Ich sitze auf der Terrasse und genieße ein kühles Bier, als es an der Tür klingelt.
[2] Der Anfang vom Ende hat auf einer Terrasse wie dieser begonnen...
Meine Schwester hat sich ebenfalls zum Besuch angekündigt, da sie mehr oder weniger bei der direkten Konkurrenz meines alten Arbeitgebers tätig war. Sie kam direkt vom Audi TT Cup und hat mir neben einer schicken R8 LMS Cap auch eine Zeitschrift mitgebracht. Nach einem kurzen Willkommensgespräch hab ich es mir wieder auf der Terrasse gemütlich gemacht und besagtes Heftchen durchgeblättert. Schicke Autos. Aber was ist das? Plötzlich steht die nächste Seite auf dem Kopf. Ein tiefer Blick in mein leeres Bierglas und ein kurzes, nachdenkliches Innehalten sagen mir, dass es nicht am geringfügigen Alkholkonsum des heutigen Tages liegen kann. Ach, ein Sonderheft. Also schnell zugeklappt und von der anderen Seite angefangen zu lesen: „Uhren für Rennfahrer“ hieß der Titel auf der Rückseite. Hm, interessant. Auf dem Cover waren ein paar schicke Ticker zu sehen. Ein kurzer Blick auf meine Emporio Armani aus Keramik lässt mich lächeln. Hab ich mir doch schon eine schicke Uhr im vergangenen Jahr bei den Schwaben gekauft. Aber gut, ein wenig Blättern kann ja nicht schaden. Sonst dürfte man sich ja auch keine Autozeitschriften angucken.
Nach einem weiteren Bierchen macht sich langsam Begeisterung breit. Was für geile Teile! Besonders ein Chopard Mille Miglia GTS Power Control hat es mir angetan:
[3] Chopard Mille Miglia GTS Power Control - quasi die erste Liebe...
Bei näherer Betrachtung und kurzer Internetrecherche der erste Schock. 6000-7000 Euro soll das gute Stück kosten. Puh. Jenseits meiner Preisklasse. Da könnte ich mir ja glatt eine Rolex kaufen. Aber so viel Geld für eine Uhr? Niemals.
Nun gut, weiter geblättert. Ah, noch so ein schickes Teil! Eine Oris Big Crown ProPilot DayDate. Der Name verspricht viel, das Design sah klasse aus. Und dann: Der Preis! Einen Bruchteil der oben genannten Chopard! Das muss ich mir genauer ansehen. Gesagt getan...
Die folgenden Tage habe ich mich ausführlich mit der Marke Oris und Schweizer Uhren im Generellen beschäftigt. Was gibt es alles für Marken? In welchen Preisregionen bewegen sich diese? Wo sind die Unterschiede? Es hat sich plötzlich eine ganz neue Welt aufgetan. Und ich hatte als Technik- und Feinmechanik-Begeisterter einen riesigen Spaß daran, diese neuen Regionen zu erkunden.
Am Ende kam ich wieder zurück zu meiner Oris. Als hauptberuflicher Informatiker hat man natürlich mal geschaut was das Internet so zu bieten hat. Und siehe da: Die Margen werden ganz schnell kleiner! Zu diesem Zeitpunkt habe ich (im Nachhinein betrachtet zum Glück sehr früh) den Graumarkt für mich entdeckt. Den „guten“ Graumarkt, nicht die negativ behaftete Variante davon...
Nach einigen Tagen war ich auch geistig soweit: Eine Schweizer Uhr – wenig überraschend – kostet nun mal ihr Geld. Oris erschien mir da eine sehr vernünftige Marke. Attraktive Preise, guter Ruf und ein unabhängiges Unternehmen. Was in dieser Welt gar nicht so selbstverständlich ist, wie ich gelernt hatte.
Und dann der Slogan: „Real watches for real people“. Das war’s. Diese Oris muss meine erste RICHTIGE Uhr werden. Eine richtige Schweizer Luxusuhr. Ein Traum!
Nach wenigen Tagen war es soweit. Die Oris ist bei mir eingetroffen und ich war absolut begeistert! Die Emporio Armani ist schnell in die Schublade gewandert und wurde von mir wenige Tage später auf eBay verkauft. Das hat bei mir das Ende des Quartz-Zeitalters eingeleitet.
Inkubationszeit
Nach dieser Oris war es natürlich noch nicht vorbei. Ich wollte noch vieles (Kennen-)lernen. Schon jetzt hatte ich ein kleines neues Hobby, ohne das ich es gemerkt hatte...
Ausbruch
Danach ging es sehr schnell. Innerhalb weniger Wochen haben sich immer mehr dieser mechanischen Zeitanzeiger und -Fresser in meinen vier Wänden wiedergefunden. Darunter eine tolle Seiko Taucheruhr (SKX007), die man auch im Sommer mal tragen kann, wenn man die gute Oris nicht überstrapazieren wollte. Aber es kam auch recht schnell die Begeisterung für eine Uhr auf, die ich schon länger kannte, aber nie bewusst wahrgenommen hatte: Eine Omega Speedmaster Professional. Eine absolute Traumuhr. Nach ein paar Monaten weiterer Recherche und zusammenkratzen aller Ersparnisse, war mir klar, dass ich auch diesen nächsten Schritt gehen möchte. Die Omega hat mich dann doch nochmal ein bisschen mehr als die Oris gekostet – aber es war schließlich eine Omega! Eine weltbekannte Marke, ein ikonisches Design. George Clooney hat mit seinem eiskalten Charme dafür geworben, Astronauten waren damit auf dem Mond. Ja sogar einer meiner Actionfilm-Helden der 90er, Pierce Brosnan, hat in den 007-Teilen zur damaligen Zeit eine Omega getragen. Und solche Marken sollen ja auch preisstabil sein, habe ich mir sagen lassen. Also gut, dachte ich mir. Wenn’s schon keine Rolex wird, dann zumindest eine Omega! ![]()
Ende 2015 war es dann schon soweit. Die Speedy Pro war im November dann mittlerweile schon meine vierte mechanische Uhr. Die Oris sowie zwei, drei weitere Japaner haben mir schon jede Menge Spaß bereitet. Und besonders letztere waren ja schließlich relativ erschwinglich.
HEUTE
Wir schreiben das Jahr 2020. Das Virus hatte mich eiskalt erwischt. Völlig unvorbereitet und naiv dachte ich, ich wäre immun. Ja sogar die simple Tatsache, dass ein gewisses Risiko in diesem Interesse steckt, war mir völlig unbewusst. Ironie des Schicksals, dass die Welt nun ein reales Virus ereilt hat. Ja gar eine Pandemie. Angesichts dessen bin ich mit dem Uhren-Virus ja noch glimpflich davon gekommen…
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Heute besitze ich die Oris von damals leider nicht mehr. Allerdings habe ich die Liebe zur Marke nach unzähligen anderen Uhren-Modellen und -Marken wieder entdeckt. Ich habe zufällig gesehen, dass die Big Crown ProPilot von damals in einer neuen Version auf den Markt kam. Etwas eleganter, und am tollen Stahlband. Die damals schon tolle Flugzeuggurt-Schließe wurde ebenso nochmal überarbeitet. Ich hatte sofort das Verlangen, mir wieder eine ProPilot zuzulegen! War es schließlich diese Marke und fast genau dieses Modell, was die Liebe zu mechanischen Uhren bei mir entfacht hat!
Nach genauerer Betrachtung der unterschiedlichen Modelle (Oris bietet hier bei seinen Linien eine oft sehr große Varianz) habe ich mich dann entschieden:
Oris Big Crown ProPilot Big Date
Die Bezeichnung der Uhr ist nicht kleiner geworden, der Ausschnitt des Ziffernblattes allerdings schon – hat diese Version der ProPilot nun nur noch ein (etwas größeres und sehr angenehm zu lesendes) Datum.
Ohne viel drumherum zu reden, möchte ich euch nun dieses tolle Modell vorstellen! Details zu Marke selbst findet ihr im zweiten Teil meiner Vorstellung =)
Damit ihr gleich seht von was ich rede, kommen dieses Mal als erstes die eigens geschossenen Bilder zur Uhr – viel Spaß!
Ja was soll ich sagen. Ich bin absolut begeistert von dieser neuen Version. Exakt diese Referenz ist für mich genau das gewesen, was ich mir gewünscht hatte. Für alle, die es etwas dezenter mögen: Das gleiche Modell der Uhr am Stahlband ist auch in komplett matter Ausführung zu haben – dann wirkt diese ProPilot etwas dezenter und deutlich „tooliger“!
Was ich an dieser (und anderen aktuellen Oris-Modellen) absolut toll finde, ist die Verarbeitung und die Anmutung. Bei dieser Uhr merkt man sofort, dass man hier eine echte Luxusuhr vor sich hat. Die Haptik, die Optik (+ Leuchtmasse!), die Details… Oris hebt sich hier aktuell wirklich von der Konkurrenz in dieser Preisklasse ab. Ich hatte mittlerweile schon wirklich viele Uhren (dürften insgesamt in den letzten 5 Jahren so ca. 60-70 an der Zahl gewesen sein…), aber diese Oris ist absolut auf dem Niveau einer Omega & vergleichbaren Marken. Gehäuse, Lünette, Armband, Ziffernblatt, Details… all das ist auf höchstem Niveau. Oris braucht sich hier von den bekannteren Schweizer Marken wirklicht nicht zu verstecken!
Konkret zu dieser Uhr: Die Lünette sowie das Pendant auf der Gehäuseunterseite sind einem Turbinenrad eines Flugzeugs nachempfunden. Gleiches gilt für die Krone. Generell ist diese Uhr wenig überraschend sehr stark an die (moderne) Fliegerei angelehnt. Das auffälligste Indiz hierfür ist die eigenständige Schließe, die einem Sicherheitsgurt im Flugzeug nachempfunden ist. Wie das „LIFT“ auf der Schließe verrät, muss der Hebel an der Schließe gezogen werden, damit sich die Schließe öffnet – mega cool! Ebenso das namensgebende „Big Date“. Der Datumsausschnitt sowie die darunterliegende Datumsscheibe sind größer als bei einem gewöhnlichen ETA / Sellita Werk. Das macht das Ablesen des Datums einfacher, ohne dass es durch eine (für viele störende) Lupe vergrößert werden muss!
Das sind so die Details, die Oris ausmachen. Praktisch kein Teil ist von der Stange, Oris entwickelt für jede Uhr bzw. Uhrenreihe eigene Teile, die zum Thema der Uhr passen. Absolut genial!
Besonders toll finde ich das sehr dünne aber dennoch massive Massivarmband. Es hat den typischen 3-teiligen Look, ist aber sehr viel angenehmer zu tragen als vergleichbare Bänder und ist fast schon mit einem Feingliederarmband zu vergleichen. Auf manchen Bildern kann man das ganz gut erkennen. In 41mm Größe ist diese Uhr ein wahrer Handgelenksschmeichler für die meisten Herren! Die damalige DayDate Variante hatte übrigens satte 45mm und war dafür ebenfalls überraschend gut zu tragen.
Für mich ist diese Uhr eine kleine Wieder-Erfüllung eines Traums, da ich nun wieder quasi mein erstes Luxusuhren-Modell wieder in der Sammlung besitze! : thankyousomuch
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Der Vollständigkeit halber: Oris hat meiner Meinung nach nur ein Problem bei den meisten Uhren. Wie viele Hersteller, verwenden auch die Hölsteiner Sellita-Uhrwerke. Dagegen habe ich ja prinzipiell absolut nichts einzuwenden - sind sie schließlich stabil und wartungsarm. Allerdings scheint Oris im Vergleich zu Sinn bspw. diese Werke NICHT zu regulieren. D.h. die Ganggenauigkeit ist oftmals Glückssache. Ich hatte schon eine Oris (man muss dazu sagen, insgesamt habe ich bereits 5 Uhren der Marke besessen...
) die auf 2-3 Sekunden am Tag genau war und damit innerhalb der Chronometer-Norm lief. Die ungenaueste Oris lief allerdings am Tag 11-12 Sekunden im Plus. Das finde ich bei all den technischen Errungenschaften und der eigenen Geschichte als unabhängiger Uhrmacher, der ein Mal seine eigenen Hemmungen gefertigt hat, etwas schade ![]()
In der Praxis ist das natürlich halb so wild. Ein Standard-Sellita lässt sich ganz leicht mit einem kleinen Schraubendreher selbst regulieren - ansonsten kann dies auch jeder Uhrmacher übernehmen. Dennoch: Angesichts dessen, was Oris sonst bietet, sind die Werke für mich der absolute Schwachpunkt. Auch optisch verbaut Oris leider praktisch nicht veredelte Varianten. Die Standard-Werke von Oris werden lediglich einem matten "Gunmetal"-Finish unterzogen.
Dass das dennoch auch schick aussehen kann, zeigt mein eigenes Bild, welches ich voller Stolz damals vom Werk meiner ersten ProPilot gemacht hatte:
Dass Oris in Sachen Uhrwerke auch zu ganz anderen Dingen in der Lage ist, zeigt der zweite Teil, welcher direkt im Anschluss folgt! ![]()
Besten Gruß,
Daniel
Bildquellen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Hausrind
[2] https://www.gartenhaus-gmbh.de/ratgeber/terra…asse-bodenbelag
[3] https://www.ablogtowatch.com/chopard-mille-…-control-watch/
Hinweis: Wie immer sind alle Bilder ohne Quellenangabe meine Eigenen.
